J.W. Stalin: DAS JAHR DES GROSSEN UMSCHWUNGS (1929)

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Zum morgigen 100. Jahrestag des Roten Oktobers am 7. November 1917 und seiner internationalen Bedeutung sei noch einmal auf das grundlegende Werk J.W. Stalins „DER INTERNATIONALE CHARAKTER DER OKTOBERREVOLUTION“ von 1927 hingewiesen (Link). Hier ist im Anschluss der Text Stalins zum 12. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution abgedruckt, der auf den nach der Oktoberrevolution folgenden sozialistischen Aufbau in der sozialistischen Sowjetunion (und dessen Stand im Jahre 1929) hinweist:

jw stalin

J.W. Stalin:

DAS JAHR DES GROSSEN UMSCHWUNGS

Zum 12. Jahrestag des Oktober (1929)

Das verflossene Jahr war ein Jahr des großen Umschwungs an allen Fronten des sozialistischen Aufbaus. Dieser Umschwung ging und geht im Zeichen der entschiedenen Offensive des Sozialismus gegen die kapitalistischen Elemente in Stadt und Land vor sich. Die charakteristische Besonderheit dieser Offensive besteht darin, dass sie uns bereits eine Reihe von entscheidenden Erfolgen auf den grundlegenden Gebieten der sozialistischen Umgestaltung (Rekonstruktion) unserer Volkswirtschaft gebracht hat.

Daraus folgt, dass die Partei es verstanden hat, unseren Rückzug in den ersten Stadien der Neuen Ökonomischen Politik in zweckmäßiger Weise auszunutzen, um danach, in deren nachfolgenden Stadien, den Umschwung herbeizuführen und eine erfolgreiche Offensive gegen die kapitalistischen Elemente einzuleiten.

Lenin sagte bei der Einführung der NÖP:

„Wir gehen jetzt zurück, treten gleichsam den Rückzug an, wir tun dies jedoch, um zuerst zurückzugehen, dann aber einen Anlauf zu nehmen und einen um so größeren Sprung vorwärts zu machen. Nur unter dieser einen Bedingung sind wir bei der Durchführung unserer Neuen Ökonomischen Politik zurückgegangen…, um nach dem Rückzug den hartnäckigsten Vormarsch anzutreten.“ (4. Ausgabe, Bd. 33, S. 399, russ.)

Die Ergebnisse des verflossenen Jahres zeugen unzweifelhaft davon, dass die Partei in ihrer Arbeit diese entscheidende Weisung Lenins erfolgreich durchführt.

Betrachtet man die Ergebnisse des verflossenen Jahres auf dem Gebiet des wirtschaftlichen Aufbaus, der für uns entscheidende Bedeutung hat, so könnte man die Erfolge unserer Offensive an dieser Front, unsere Errungenschaften im verflossenen Jahr in drei Hauptmomenten zusammenfassen.

I
AUF DEM GEBIET DER ARBEITSPRODUKTIVITÄT

Es lässt sich kaum bezweifeln, dass eine der wichtigsten Tatsachen unseres Aufbaus im letzten Jahr darin besteht, dass es uns gelungen ist, einen entschiedenen Umschwung auf dem Gebiet der Arbeitsproduktivität zu erzielen. Dieser Umschwung fand seinen Ausdruck in der Entfaltung der schöpferischen Initiative und des machtvollen Arbeitselans der Millionenmassen der Arbeiterklasse an der Front des sozialistischen Aufbaus. Das ist unsere erste wichtige Errungenschaft im verflossenen Jahr.

Die Entfaltung der schöpferischen Initiative und des Arbeitselans der Massen wurde in drei Hauptrichtungen gefördert:

a) in der Richtung des Kampfes gegen den Bürokratismus, der die Arbeitsinitiative und Arbeitsaktivität der Massen drosselt – durch die Selbstkritik,

b) in der Richtung des Kampfes gegen die Bummelanten und gegen diejenigen, die die proletarische Arbeitsdisziplin untergraben – durch den sozialistischen Wettbewerb,

c) in der Richtung des Kampfes gegen Routine und Trägheit in der Produktion – durch die Organisierung der ununterbrochenen Arbeitswoche.

Das Resultat ist eine gewaltige Errungenschaft an der Front der Arbeit, die im Arbeitsenthusiasmus und im Arbeitswetteifer der Millionenmassen der Arbeiterklasse an allen Enden unseres unermesslichen Landes ihren Ausdruck findet. Die Bedeutung dieser Errungenschaft ist wahrlich unschätzbar, denn nur der Arbeitsaufschwung und der Arbeitsenthusiasmus der Millionenmassen kann jenes fortschreitende Wachstum der Arbeitsproduktivität sichern, ohne das der endgültige Sieg des Sozialismus über den Kapitalismus in unserem Lande undenkbar ist.

„Die Arbeitsproduktivität“, sagt Lenin, „ist in letzter Instanz das Allerwichtigste, das Ausschlaggebende für den Sieg der neuen Gesellschaftsordnung. Der Kapitalismus hat eine Arbeitsproduktivität geschaffen, wie sie unter dem Feudalismus unbekannt war. Der Kapitalismus kann endgültig besiegt werden und wird dadurch endgültig besiegt werden, dass der Sozialismus eine neue, weit höhere Arbeitsproduktivität schafft.“ (4. Ausgabe, Bd. 29, S. 394 [deutsch in „Ausgewählte Werke“ in zwei Bänden, Bd. II, S.576].)

Davon ausgehend, sagt Lenin:

„Wir müssen uns von jenem Arbeitsenthusiasmus, jenem Arbeitswillen, jener Beharrlichkeit durchdringen lassen, von der jetzt die schnellste Rettung der Arbeiter und Bauern, die Rettung der Volkswirtschaft abhängt.“ (4. Ausgabe, Bd. 31, S. 374, russ.)

Das ist die Aufgabe, die Lenin der Partei gestellt hat.

Das verflossene Jahr hat gezeigt, dass die Partei diese Aufgabe mit Erfolg erfüllt und alle Schwierigkeiten, die im Wege stehen, entschlossen überwindet.

So steht es mit der ersten wichtigen Errungenschaft der Partei im verflossenen Jahr.

II
AUF DEM GEBIET DES AUFBAUS DER INDUSTRIE

Mit dieser ersten Errungenschaft der Partei ist ihre zweite Errungenschaft untrennbar verbunden. Diese zweite Errungenschaft der Partei besteht darin, dass wir im verflossenen Jahr das Problem der Akkumulation für die großen Neubauten der Schwerindustrie in der Hauptsache erfolgreich gelöst, ein beschleunigtes Tempo in der Entwicklung der Produktion von Produktionsmitteln eingeschlagen und die Voraussetzungen für die Umwandlung unseres Landes in ein Land des Metalls geschaffen haben.

Das ist unsere zweite wichtige Errungenschaft im verflossenen Jahr.

Das Problem der Leichtindustrie bietet keine besonderen Schwierigkeiten. Wir haben es schon vor einigen Jahren gelöst. Schwieriger und wichtiger ist das Problem der Schwerindustrie.

Schwieriger, weil die Schwerindustrie kolossale Investierungen erfordert, wobei sie, wie die Geschichte der in industrieller Hinsicht rückständigen Länder zeigt, ohne kolossale langfristige Anleihen nicht auskommen kann.

Wichtiger, weil wir ohne Entwicklung der Schwerindustrie keine Industrie aufbauen, keine Industrialisierung durchführen können.

Da wir aber weder langfristige Anleihen noch Kredite für einigermaßen längere Zeiten hatten und haben, wird die Dringlichkeit des Problems für uns mehr als offenkundig.

Eben davon gehen die Kapitalisten aller Länder aus, wenn sie uns Anleihen und Kredite verweigern, in der Annahme, dass wir mit dem Akkumulationsproblem aus eigener Kraft nicht fertig werden, dass wir in der Frage der Rekonstruktion der Schwerindustrie Schiffbruch erleiden und gezwungen sein würden, vor ihnen zu Kreuze zu kriechen und ihre Schuldsklaven zu werden.

Was sagen uns aber in dieser Hinsicht die Ergebnisse des verflossenen Jahres? Die Bedeutung der Ergebnisse des verflossenen Jahres liegt darin, dass sie den Herren Kapitalisten einen Strich durch die Rechnung machen.

Das verflossene Jahr hat gezeigt, dass wir trotz der offenen und geheimen Finanzblockade gegen die UdSSR nicht Schuldsklaven der Kapitalisten geworden sind, sondern das Akkumulationsproblem aus eigener Kraft erfolgreich gelöst und das Fundament der Schwerindustrie gelegt haben. Das können jetzt nicht einmal eingefleischte Feinde der Arbeiterklasse leugnen.

In der Tat: Wenn erstens die Investierungen in der Großindustrie im Vorjahr über 1600 Millionen Rubel betragen haben, wovon etwa 1300 Millionen auf die Schwerindustrie entfielen, in diesem Jahr die Investierungen in der Großindustrie aber über 3400 Millionen Rubel betragen, wovon über 2500 Millionen auf die Schwerindustrie entfallen, wenn zweitens die Gesamtproduktion der Großindustrie im Vorjahr um 23 Prozent und die der Schwerindustrie um 30 Prozent gewachsen ist, die Gesamtproduktion der Großindustrie im laufenden Jahr aber um 32 Prozent und die der Schwerindustrie um 46 Prozent anwachsen – ist es da nichtklar, dass das Problem der Akkumulation für den Aufbau der Schwerindustrie für uns schon keine unüberwindlichen Schwierigkeiten mehr bietet?

Wie kann man daran zweifeln, dass wir in der Entwicklung unserer Schwerindustrie mit beschleunigten Schritten vorwärts gehen, das alte Tempo überbieten und unsere „althergebrachte“ Rückständigkeit hinter uns lassen?

Kann man sich nach all dem Gesagten wundern, dass die Voranschläge des Fünfjahrplans im verflossenen Jahr übertroffen wurden, die Optimalvariante des Fünfjahrplans aber, die die Federfuchser der Bourgeoisie für eine „unerreichbare Phantasterei“ halten und die unsere rechten Opportunisten (Gruppe Bucharin) in Schrecken versetzt, in Wirklichkeit sich in die Minimalvariante des Fünfjahrplans verwandelt hat?

„Die Rettung für Rußland“, sagt Lenin, „ist nicht nur eine gute Ernte in der Bauernwirtschaft – das ist zuwenig – und nicht nur ein guter Zustand der Leichtindustrie, die der Bauernschaft Gebrauchsgegenstände liefert – das ist ebenfalls zuwenig -, wir brauchen auch eine Schwerindustrie … Ohne Rettung der Schwerindustrie, ohne ihre Wiederherstellung können wir keinerlei Industrie aufbauen, ohne diese aber werden wir überhaupt als selbständiges Land zugrunde gehen… Die Schwerindustrie braucht Staatssubsidien. Wenn wir sie nicht finden, so gehen wir als zivilisierter Staat – ich sage schon gar nicht als sozialistischer – zugrunde.“ (4. Ausgabe, Bd. 33, S.388/389 [deutsch in „Ausgewählte Werke“ in zwei Bänden, Bd. II, S. 972].)

So scharf formuliert Lenin das Akkumulationsproblem und die Aufgabe der Partei beim Aufbau der Schwerindustrie.

Das verflossene Jahr hat gezeigt, dass die Partei diese Aufgabe erfolgreich bewältigt und alle Schwierigkeiten auf diesem Wege entschlossen überwindet.

Das bedeutet natürlich nicht, dass die Industrie keinen ernsten Schwierigkeiten mehr begegnen wird. Die Aufgabe der Errichtung einer Schwerindustrie stößt nicht nur auf das Akkumulationsproblem. Sie stößt weiter auf das Kaderproblem, auf das Problem:

a) der Einbeziehung Zehntausender sowjetisch gesinnter Techniker und Spezialisten in den sozialistischen Aufbau und

b) der Heranbildung neuer roter Techniker und roter Spezialisten aus den Reihen der Arbeiterklasse.

Während man das Akkumulationsproblem im Wesentlichen als gelöst betrachten kann, harrt das Kaderproblem noch seiner Lösung. Das Kaderproblem aber ist jetzt, wo es sich um die technische Rekonstruktion der Industrie handelt, das entscheidende Problem des sozialistischen Aufbaus.

„Das Wichtigste“, sagt Lenin, „was uns fehlt, ist Kultiviertheit, ist die Kunst, zu verwalten… Ökonomisch und politisch sichert uns die NÖP vollauf die Möglichkeit, das Fundament der sozialistischen Ökonomik zu errichten. Es kommt ‚nur‘ auf die kulturellen Kräfte des Proletariats und seiner Avantgarde an.“ (4. Ausgabe, Bd. 33, S.223/224, russ.)

Offensichtlich ist hier vor allem vom Problem der „kulturellen Kräfte“ die Rede, vom Problem der Kader für den wirtschaftlichen Aufbau überhaupt, für den Aufbau und die Verwaltung der Industrie im Besonderen.

Daraus folgt jedoch, dass das Problem der Errichtung einer Schwerindustrie trotz der bedeutenden Errungenschaften auf dem Gebiet der Akkumulation, die für die Schwerindustrie von wesentlicher Bedeutung sind, nicht als völlig gelöst betrachtet werden kann, solange das Problem der Kader nicht gelöst ist.

Hieraus folgt die Aufgabe der Partei – die Lösung des Kaderproblems unmittelbar in Angriff zu nehmen und diese Festung um jeden Preis zu erobern.

So steht es mit der zweiten Errungenschaft der Partei im verflossenen Jahr.

III
AUF DEM GEBIET
DES AUFBAUS DER LANDWIRTSCHAFT

Schließlich über die dritte Errungenschaft der Partei im verflossenen Jahr, die mit den ersten zwei Errungenschaften organisch verbunden ist. Es handelt sich um einen radikalen Umschwung in der Entwicklung unserer Landwirtschaft, um den Übergang von der kleinen und rückständigen individuellen Wirtschaft zum fortschrittlichen kollektiven landwirtschaftlichen Großbetrieb, zur gemeinsamen Bodenbestellung, zu Maschinen- und Traktorenstationen, zu Artels, Kollektivwirtschaften, die sich auf die moderne Technik stützen, und schließlich zu gigantischen Sowjetwirtschaften, die mit Hunderten von Traktoren und Mähdreschern ausgerüstet sind.

Die Errungenschaft der Partei besteht hier darin, dass es uns gelungen ist, die Hauptmassen der Bauernschaft in einer ganzen Reihe von Gebieten von dem alten, kapitalistischen Entwicklungsweg, von dem nur ein Häuflein Dorfreicher, Kapitalisten, Gewinn hat, während die übergroße Mehrheit der Bauern zugrunde gerichtet wird und ihr Leben in Armut zu fristen gezwungen ist, hinüberzuleiten auf den neuen, den sozialistischen Entwicklungsweg, auf dem die Dorfreichen, die Kapitalisten, verdrängt, die Mittelbauern und die arme Bauernschaft aber auf neue Art ausgerüstet, mit neuen Geräten, mit Traktoren und landwirtschaftlichen Maschinen ausgestattet werden, damit sie die Möglichkeit erhalten, aus dem Elend und der Kulakenknechtschaft herauszukommen und auf den breiten Weg der genossenschaftlichen, kollektiven Bodenbestellung zu gelangen.

Die Errungenschaft der Partei besteht darin, dass es uns gelungen ist, diesen grundlegenden Umschwung innerhalb der Bauernschaft selbst zu organisieren und die breiten Massen der Dorfarmut und der Mittelbauern mitzureißen, trotz der unermesslichen Schwierigkeiten, trotz des verzweifelten Widerstands aller und jeglicher dunklen Mächte, von den Kulaken und Popen bis zu den Philistern und rechten Opportunisten.

Hier einige Zahlen.

Im Jahre 1928 betrug die Anbaufläche der Sowjetwirtschaften 1425000 Hektar bei einem Warenteil der Getreideproduktion von über 6 Millionen Doppelzentner (über 36 Millionen Pud), die Anbaufläche der Kollektivwirtschaften 1390000 Hektar bei einem Warenteil der Getreideproduktion von etwa 3,5 Millionen Doppelzentner (über 20 Millionen Pud).

Im Jahre 1929 betrug die Anbaufläche der Sowjetwirtschaften 1816000 Hektar bei einem Warenteil der Getreideproduktion von etwa 8 Millionen Doppelzentner (etwa 47 Millionen Pud), die Anbaufläche der Kollektivwirtschaften 4262000 Hektar bei einem Warenteil der Getreideproduktion von etwa 13 Millionen Doppelzentner (etwa 78 Millionen Pud).

Im kommenden Jahr, 1930, wird die Anbaufläche der Sowjetwirtschaften laut Kontrollzahlen wahrscheinlich 3280000 Hektar betragen bei einem Warenteil der Getreideproduktion von 18 Millionen Doppelzentner (etwa 110 Millionen Pud), die Anbaufläche der Kollektivwirtschaften aber wird zweifellos 15 Millionen Hektar bei einem Warenteil der Getreideproduktion von etwa 49 Millionen Doppelzentner (etwa 300 Millionen Pud) betragen.

Mit anderen Worten, im kommenden Jahr, 1930, wird in den Sowjet- und Kollektivwirtschaften der Warenteil der Getreideproduktion mehr als 400 Millionen Pud betragen, das heißt mehr als 50 Prozent des Warenteils der Getreideproduktion der gesamten Landwirtschaft (Umsatz außerhalb des Dorfes).

Man muss anerkennen, dass ein so stürmisches Entwicklungstempo selbst unsere sozialisierte Großindustrie nicht kennt, deren Entwicklungstempo sich im Allgemeinen durch besonders große Schwungkraft auszeichnet.

Es ist klar, dass unser junger sozialistischer landwirtschaftlicher Großbetrieb (Kollektiv- und Sowjetwirtschaften) eine große Zukunft hat, dass er in seinem Wachstum Wunder an den Tag legen wird.

Dieser beispiellose Erfolg auf dem Gebiet des kollektivwirtschaftlichen Aufbaus ist durch eine ganze Reihe von Ursachen zu erklären, von denen mindestens die folgenden hervorzuheben wären.

Dieser Erfolg erklärt sich vor allem daraus, dass die Partei die Leninsche Politik der Erziehung der Massen befolgte und die Bauernmassen durch Schaffung und Förderung der Genossenschaftsbewegung Schritt für Schritt an die Kollektivwirtschaften herangeführt hat. Er erklärt sich daraus, dass die Partei sowohl gegen diejenigen, die der Bewegung vorauszueilen und die Entwicklung der Kollektivwirtschaften zu dekretieren suchten (die „linken“ Phrasendrescher), als auch gegen diejenigen, die die Partei nach rückwärts zu ziehen suchten und hinter der Bewegung einher trotten wollten (die rechten Toren), einen erfolgreichen Kampf geführt hat. Ohne diese Politik hätte die Partei die Kollektivwirtschaftsbewegung zu keiner wirklichen Massenbewegung der Bauern selbst machen können.

„Als das Petrograder Proletariat und die Soldaten der Petrograder Garnison die Macht ergriffen“, sagt Lenin, „wussten sie ausgezeichnet, dass man beim Aufbau im Dorf auf große Schwierigkeiten stoßen wird, dass man hier allmählicher vorgehen muss, dass es größter Unsinn wäre, hier zu versuchen, die gesellschaftliche Bodenbestellung durch Dekrete, durch Gesetze einzuführen, dass nur eine verschwindend kleine Anzahl politisch bewusster Bauern darauf eingehen könnte, die überwältigende Mehrheit der Bauern aber sich diese Aufgabe nicht stelle. Und daher beschränkten wir uns auf das, was im Interesse der Entfaltung der Revolution absolut notwendig war: auf keinen Fall der Entwicklung der Massen vorauszueilen, sondern abzuwarten, bis aus der eigenen Erfahrung dieser Massen, aus ihrem eigenen Kampfe die Vorwärtsbewegung hervor wächst.“ (4. Ausgabe, Bd. 28, S. 121, russ.)

Wenn die Partei einen gewaltigen Sieg an der Front des kollektivwirtschaftlichen Aufbaus errungen hat, so deshalb, weil sie diesen taktischen Hinweis Lenins aufs Genaueste befolgte.

Dieser beispiellose Erfolg auf dem Gebiet des landwirtschaftlichen Aufbaus erklärt sich zweitens daraus, dass die Sowjetmacht den wachsenden Bedarf der Bauernschaft an neuen Geräten, an moderner technischer Ausrüstung richtig in Betracht zog, dass sie die Ausweglosigkeit der Lage der Bauernschaft bei den alten Formen der Bodenbestellung richtig in Betracht zog und, unter Berücksichtigung aller dieser Umstände, rechtzeitig Hilfe für sie organisierte in Form von Ausleihstellen, Traktorenkolonnen, Maschinen- und Traktorenstationen, Hilfe durch Organisierung der gesellschaftlichen Bodenbestellung, durch Schaffung und Förderung von Kollektivwirtschaften und schließlich durch allseitige Unterstützung der Bauernwirtschaften seitens der Sowjetwirtschaften.

In der Geschicke der Menschheit erstand zum ersten Mal eine Macht, die Macht der Sowjets, die in der Tat ihre Bereitschaft und ihre Fähigkeit bewies, den werktätigen Massen der Bauernschaft eine systematische und dauernde Hilfe auf dem Gebiet der Produktion zu erweisen.

Ist es nicht klar, dass die werktätigen Massen der Bauernschaft, die seit jeher Mangel an Arbeitsgeräten leiden, nach dieser Hilfe greifen mussten und den Weg der Kollektivwirtschaftsbewegung beschritten?

Und kann man sich darüber wundern, dass von nun an die alte Losung der Arbeiter „Das Gesicht dem Dorfe zu“ wohl durch die neue Losung der Kollektivbauern „Das Gesicht der Stadt zu“ ergänzt werden wird?

Dieser beispiellose Erfolg auf dem Gebiet des kollektivwirtschaftlichen Aufbaus erklärt sich schließlich daraus, dass die fortgeschrittenen Arbeiter unseres Landes diese Sache in die Hand genommen haben. Ich meine die Arbeiterbrigaden, die zu Dutzenden und Hunderten in den wichtigsten Gebieten unseres Landes verstreut sind. Man muss anerkennen, dass von allen vorhandenen und möglichen Propagandisten der Kollektivwirtschaftsbewegung die Arbeiterpropagandisten die besten Propagandisten unter den Bauernmassen sind. Was kann daran verwunderlich sein, dass es den Arbeitern gelungen ist, die Bauern von den Vorzügen, die die kollektive Großwirtschaft vor der individuellen Kleinwirtschaft hat, zu überzeugen, um so mehr, als die bestehenden Kollektiv- und Sowjetwirtschaften anschauliche Beispiele sind, die diese Vorzüge demonstrieren?

Das gab die Grundlage ab für unsere Errungenschaft auf dem Gebiet des kollektivwirtschaftlichen Aufbaus, eine Errungenschaft, die meiner Meinung nach die wichtigste und entscheidende unter allen Errungenschaften der letzten Jahre ist.

Zusammengebrochen und zerstoben sind die Einwände der „Wissenschaft“ gegen die Möglichkeit und Zweckmäßigkeit der Organisierung großer Getreidefabriken von 40000 bis 50000 Hektar. Die Praxis hat die Einwände der „Wissenschaft“ widerlegt und ein übriges Mal gezeigt, dass nicht nur die Praxis bei der „Wissenschaft“ lernen muss, sondern dass es auch der „Wissenschaft“ nicht schaden würde, bei der Praxis zu lernen.

In den kapitalistischen Ländern können gigantische Getreidefabriken nicht Fuß fassen. Unser Land aber ist ein sozialistisches Land. Diesen „kleinen“ Unterschied darf man nicht vergessen.

Dort, bei den Kapitalisten, ist es unmöglich, eine große Getreidefabrik zu organisieren, ohne eine ganze Reihe von Ländereien anzukaufen oderabsolute Grundrente zu zahlen, wodurch die Produktion notgedrungen mit kolossalen Ausgaben belastet wird, denn dort besteht das Privateigentum an Grund und Boden. Bei uns dagegen gibt es weder eine absolute Grundrente noch Kauf und Verkauf von Grund und Boden, wodurch günstige Bedingungen für die Entwicklung großer Getreidewirtschaften entstehen müssen, denn bei uns gibt es kein Privateigentum an Grund und Boden.

Dort, bei den Kapitalisten, sehen die großen Getreidewirtschaften ihr Ziel darin, ein Maximum an Profit zu erlangen oder jedenfalls einen Profit, der der so genannten Durchschnittsprofitrate entspricht, denn sonst hat das Kapital überhaupt kein Interesse daran, sich mit der Organisierung der Getreidewirtschaft abzugeben. Bei uns dagegen brauchen die großen Getreidewirtschaften, die zugleich Staatswirtschaften sind, für ihre Entwicklung weder ein Maximum an Profit noch eine Durchschnittsprofitrate, sondern können sich mit einem Minimum an Gewinn begnügen und kommen zuweilen auch ohne jeden Gewinn aus, wodurch wiederum günstige Bedingungen für die Entwicklung großer Getreidewirtschaften geschaffen werden.

Schließlich existieren im Kapitalismus für die großen Getreidewirtschaften weder besondere Kredit- noch besondere Steuervergünstigungen, während im Sowjetsystem, das auf die Unterstützung des sozialistischen Sektors eingestellt ist, solche Vergünstigungen existieren und existieren werden.

Das alles hat die ehrenwerte „Wissenschaft“ vergessen. Zusammengebrochen und zerstoben sind die Behauptungen der rechten Opportunisten (der Gruppe Bucharins), dass

a) die Bauern nicht in die Kollektivwirtschaften eintreten würden,

b) ein verstärktes Entwicklungstempo der Kollektivwirtschaften nur Massenunzufriedenheit und Loslösung der Bauernschaft von der Arbeiter-klasse hervorrufen könne,

c) die „Heerstraße“ der sozialistischen Entwicklung im Dorfe nicht die Kollektivwirtschaften, sondern die Genossenschaften bilden,

d) die Entwicklung der Kollektivwirtschaften und die Offensive gegen die kapitalistischen Elemente des Dorfes dazu führen könne, dass das Land ohne Getreide bleibt.

All das ist, als altes bürgerlich-liberales Gerümpel, zusammengebrochen und in alle Winde verweht worden.

Erstens sind die Bauern in die Kollektivwirtschaften eingetreten, sind ganze Dörfer, Amtsbezirke und Rayons eingetreten.

Zweitens schwächt die kollektivwirtschaftliche Massenbewegung nicht den Zusammenschluss der Arbeiter und Bauern, sondern stärkt ihn, da sie für ihn eine nette Basis, eine Produktionsbasis, schafft. Jetzt sehen sogar Blinde: Wenn irgendeine ernsthafte Unzufriedenheit unter den Hauptmassen der Bauernschaft besteht, so betrifft diese nicht die kollektiv-wirtschaftliche Politik der Sowjetmacht, sondern den Umstand, dass die Sowjetmacht in der Belieferung der Bauern mit Maschinen und Traktoren mit dem Wachstum der Kollektivwirtschaftsbewegung nicht Schritt zu halten vermag.

Drittens ist der Streit über die „Heerstraße“ der sozialistischen Entwicklung des Dorfes ein scholastischer Streit, würdig der jungen klein-bürgerlichen Liberalen vom Schlage Eichenwalds und Slepkows. Es ist klar: Solange es keine kollektivwirtschaftliche Massenbewegung gab, bestand die „Heerstraße“ der sozialistischen Entwicklung des Dorfes in den niederen Formen des Genossenschaftswesens, den Einkaufs- und Verkaufsgenossenschaften, als aber die höhere Form der Genossenschaft, ihre kollektivwirtschaftliche Form, auf der Bildfläche erschien, wurde diese zur „Heerstraße“ der Entwicklung.

Ohne Anführungszeichen gesprochen: Die Heerstraße der sozialistischen Entwicklung des Dorfes ist der Genossenschaftsplan Lenins, der alle Formen der landwirtschaftlichen Genossenschaften, von den niederen (Einkaufs- und Verkaufsgenossenschaften) bis zu den höheren (kollektiv-wirtschaftliche Produktivgenossenschaften) umfasst. Die Kollektivwirtschaften den Genossenschaften entgegenstellen heißt den Leninismus verhöhnen und die eigene Unwissenheit dokumentieren.

Viertens sehen jetzt sogar Blinde, dass wir gegenwärtig ohne die Offensive gegen die kapitalistischen Elemente des Dorfes und ohne die Entwicklung der Kollektiv- und Sowjetwirtschaftsbewegung weder die entscheidenden Erfolge auf dem Gebiet der Getreidebeschaffung zu verzeichnen hätten, die wir in diesem Jahr erzielt haben, noch die Dutzende Millionen Pud unantastbarer Getreidevorräte, die sich bereits in den Händen des Staates angehäuft haben.

Mehr noch, man kann mit Sicherheit sagen, dass wir dank dem Wachstum der Kollektiv- und Sowjetwirtschaftsbewegung aus der Getreidekrise endgültig herauskommen oder bereits herausgekommen sind. Und wenn die Entwicklung der Kollektiv- und Sowjetwirtschaften in einem gesteigerten Tempo weitergeht, so ist kein Grund vorhanden, daran zu zweifeln, dass unser Land in, sagen wir, drei Jahren zu einem der getreidereichsten Länder, wenn nicht zum getreidereichsten Land der Welt werden wird.

Worin besteht das Neue in der jetzigen Kollektivwirtschaftsbewegung? Das Neue und Entscheidende in der jetzigen Kollektivwirtschaftsbewegung besteht darin, dass die Bauern nicht wie früher in einzelnen Gruppen, sondern dass ganze Dörfer, Amtsbezirke und Rayons, ja sogar Bezirke in die Kollektivwirtschaften eintreten.

Was aber bedeutet das? Das bedeutet, dass der Mittelbauer in die Kollektivwirtschaften gegangen ist. Das ist die Grundlage jenes radikalen Umschwungs in der Entwicklung der Landwirtschaft, der die wichtigste Errungenschaft der Sowjetmacht im verflossenen Jahr darstellt.

Die menschewistische „Konzeption“ des Trotzkismus, wonach die Arbeiterklasse unfähig sei, die Hauptmassen der Bauernschaft beim sozialistischen Aufbau zu führen, bricht zusammen und geht in Trümmer. Jetzt sehen sogar Blinde, dass der Mittelbauer sich den Kollektivwirtschaften zugewandt hat. Jetzt ist es allen klar, dass der Fünfjahrplan der Industrie und Landwirtschaft ein Fünfjahrplan der Errichtung der sozialistischen Gesellschaft ist, dass Leute, die nicht an die Möglichkeit der Errichtung des Sozialismus in unserem Lande glauben, kein Recht haben, unseren Fünfjahrplan zu begrüßen.

Das „heilige Prinzip des Privateigentums“, diese letzte Hoffnung der Kapitalisten aller Länder, die von der Wiederherstellung des Kapitalismus in der Sowjetunion träumen, stürzt zusammen und geht in Trümmer. Die Bauern, die sie bloß als Material zur Düngung des Bodens für den Kapitalismus betrachten, verlassen in Massen das viel gepriesene Banner des „Privateigentums“ und gehen auf die Bahnen des Kollektivismus, auf die Bahnen des Sozialismus über. Die letzte Hoffnung auf Wiederherstellung des Kapitalismus stürzt zusammen.

Damit sind unter anderem auch die verzweifelten Versuche der kapitalistischen Elemente unseres Landes zu erklären, alle Mächte der alten Welt gegen den angreifenden Sozialismus aufzubieten, Versuche, die zur Verschärfung des Kampfes der Klassen führen. Das Kapital will nicht in den Sozialismus „hineinwachsen“.

Damit ist auch das wütende Geheul gegen den Bolschewismus zu erklären, das in der letzten Zeit die Kettenhunde des Kapitals, alle diese Struve und Hessen, Miljukow und Kerenski, Dan und Abramowitsch, erhoben haben. Es ist doch keine Kleinigkeit: Die letzte Hoffnung auf Wiederherstellung des Kapitalismus schwindet dahin.

Diese rasende Wut der Klassenfeinde und dieses wilde Geheul der Lakaien des Kapitals – was können sie anderes bezeugen, als dass die Partei wirklich einen entscheidenden Sieg an der schwierigsten Front des sozialistischen Aufbaus errungen hat?

„Nur in dem Falle, dass es gelingt“, sagt Lenin, „den Bauern die Vorzüge der gesellschaftlichen, kollektiven, gemeinschaftlichen, artelmäßigen Bodenbestellung in der Praxis vor Augen zu führen, nur wenn es gelingt, dem Bauern mittels der gemeinschaftlichen, der Artelwirtschaft zu helfen, nur dann wird die Arbeiterklasse, die die Staatsmacht in der Hand hat, den Bauern wirklich den Beweis erbringen, dass sie im Rechte ist, und die Millionenmassen der Bauern fest und wirklich auf ihre Seite ziehen.“ (4. Ausgabe, Bd. 30, S. 173/174 [deutsch in „Ausgewählte Werke“ in zwei Bänden, Bd. II, S. 629].)

So stellt Lenin die Frage nach den Wegen zur Gewinnung der Millionenmassen der Bauernschaft für die Arbeiterklasse, den Wegen, auf denen die Bauernschaft in die Bahnen des kollektivwirtschaftlichen Aufbaus geleitet werden soll.

Das verflossene Jahr hat gezeigt, dass die Partei diese Aufgabe erfolgreich bewältigt und alle und jegliche Schwierigkeiten auf diesem Wege entschlossen überwindet.

„Die Mittelbauernschaft“, sagt Lenin, „wird in der kommunistischen Gesellschaft nur dann auf unserer Seite sein, wenn wir ihre wirtschaftlichen Lebensbedingungen erleichtern und verbessern. Wenn wir morgen 100000 erstklassige Traktoren liefern, sie mit Benzin versorgen, sie mit Maschinisten versorgen könnten (Sie wissen sehr wohl, dass das vorläufig eine Phantasie ist), dann würde der Mittelbauer sagen: ‚Ich bin für die Kommune‘ (d. h. für den Kommunismus). Um das aber leisten zu können, müssen wir erst die internationale Bourgeoisie besiegen, müssen wir sie zwingen, uns diese Traktoren zu geben, oder aber unsere Produktivität muss in einem Maße gesteigert werden, dass wir sie selber liefern können. Nur so wird diese Frage richtig gestellt sein.“ (4. Ausgabe, Bd. 29, 5.190 [deutsch in „Ausgewählte Werke“ in zwei Bänden, Bd. II, S.540/541].)

So stellt Lenin die Frage nach den Wegen der technischen Neuausrüstung des Mittelbauern, den Wegen seiner Gewinnung für den Kommunismus.

Das verflossene Jahr hat gezeigt, dass die Partei auch diese Aufgabe erfolgreich bewältigt. Es ist bekannt, dass wir im Frühjahr des kommenden Jahres, 1930, mehr als 60000 Traktoren auf den Feldern haben werden, ein Jahr später mehr als 100000 Traktoren und nach weiteren zwei Jahren mehr als 250000 Traktoren. Wir haben jetzt die Möglichkeit, das, was vor einigen Jahren als „Phantasterei“ galt, und mehr als das, in die Tat umzusetzen.

Das ist der Grund, weshalb der Mittelbauer sich der „Kommune“ zugewandt hat.

So steht es mit der dritten Errungenschaft der Partei.

Das sind die Haupterrungenschaften der Partei im verflossenen Jahr.

ZUSAMMENFASSUNG

Wir gehen mit Volldampf den Weg der Industrialisierung – zum Sozialismus, unsere uralte, „reußische“ Rückständigkeit hinter uns lassend.

Wir werden zu einem Lande des Metalls, einem Lande der Automobilisierung, einem Lande der Traktorisierung.

Und wenn wir die UdSSR aufs Automobil und den Bauern auf den Traktor gesetzt haben – mögen dann die ehrenwerten Kapitalisten, die sich mit ihrer „Zivilisation“ brüsten, uns einzuholen versuchen. Wir werden noch sehen, welche Länder man dann unter die rückständigen und welche unter die fortgeschrittenen wird „einreihen“ können.

3. November 1929.

„Prawda“ Nr. 259,
7. November 1929.
Unterschrift: J. Stalin

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