Verdi-Führung verrät die Arbeiter im Post-Streik

Nachfolgend wird ein Kommentar zum Tarifabschluss bei der Post, der zuerst auf http://www.demvolkedienen.org erschienen ist, abgedruckt:

Seit dem 06. Januar diesen Jahres stehen Verdi und die Führung der Deutschen Post in Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag für die rund 160.000 Arbeiterinnen und Arbeitern die u.a. als Postboten, Paketauslieferer und Lageristen in den Verteilzentren arbeiten.

Nun nach vier Verhandlungsrunden sollen sich die Gewerkschaft Verdi und die Deutsche Post-Spitzen auf ein Angebot geeinigt und weitere Streiks abgewendet haben, wenn man den bürgerlichen Medien wie TagesschauSüddeutsche Zeitung  und anderen Glauben schenken will.

Doch in Wahrheit hat die sozialdemokratische Verdi-Führung , man muss sagen: mal wieder, die Forderungen der Arbeiterinnen und Arbeiter und ihren Streik verraten. In die Verhandlungen ist die Gewerkschaft mit den Forderungen nach 15% mehr Lohn als Inflationsausgleich und Beteiligung an den Profiten des Unternehmens herangegangen. Denn die Deutsche Post, gilt als einer der Krisengewinner schlechthin, welche ihre Milliarden an Gewinnmargen noch zusätzlich damit steigern konnte, dass die letzte Tarifrunde im Jahr 2020 nur zu mageren 2% Lohnsteigerungen bei den Beschäftigten geführt hat.

Zusätzlich forderte Verdi eine Erhöhung der Ausbildungsvergütung für Azubis und Studierende um 200 Euro, sowie eine Tariflaufzeit von 12 Monaten, damit in Zeiten der Krisen und schnell wachsenden Inflation, auch schnell nachverhandelt werden kann und die Arbeiter nicht in dem Tarifvertrag gefangen sind. Hinzu wurde eine Form des steuerfreien Coronabonus für alle Beschäftigten gefordert.

Nachdem die Deutsche Post in drei Verhandlungsrunden die Forderungen der Verdi ausgeschlagen, lächerliche Gegenangebote gemacht hat und auch auf die in der BRD üblichen Warnstreiks nicht reagiert hatte, stimmten zwischen dem 20. Februar und dem 8. März die 160.000 Post-Arbeiter in einer Urabstimmung über einen unbefristeten Streik ab. Der Post-Vorstand drohte als Reaktion auf die Urabstimmung daraufhin mit Outsourcing und Ausgliederung des Briefgeschäfts. Trotz dieser Drohungen und Einschüchterungen stimmten aber ganze 85,9 Prozent der Befragten Verdi-Mitglieder gegen das Angebot der Deutschen Post und für einen unbefristeten Streik.  Das heißt in der Regel einem Streik der erst dann endet, wenn die Forderungen der Arbeiter erfüllt werden.

Doch statt nach den unfruchtbaren Verhandlungen auch wirklich in den Streik zu treten, kündigte Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis an mit dem Ergebnis der Urabstimmung erneut am 10. März in Verhandlungen mit der Deutschen Post zu gehen. Im Gegensatz zu früheren Verhandlungstagen, hielten Verdi und die Deutsche Post ihr Treffen geheim, womit den Arbeitern die Chance verwehrt blieb zum Ort des Treffens zu mobilisieren und ihren Forderungen, kämpferisch Nachdruck zu bereiten und ihre Streikbereitschaft zu zeigen.

Das Ergebnis auf das sich geeinigt wurde ist eine Nullrunde für alle Arbeiterinnen und Arbeiter, bei der die Verdi-Führung noch versucht das Ergebnis schön zu reden. Im Jahr 2023 soll es zu keiner Lohnerhöhung für die Beschäftigten kommen. Stattdessen gibt es zwei Formen der Einmalzahlung, bei der einmal im April 1.020€ ausgezahlt werden, zusätzlich werden von Mai 2023 bis März 2024  180 Euro Netto als Teil der Inflationsausgleichssonderzahlung auf die Konten der Beschäftigten überwiesen. Was erst einmal gut klingt ist ein großer Rückschritt für die Post-Arbeiter. Die Sonderzahlung im April und die gestaffelte Zahlung in 10 Monaten sind keine tabellenwirksame Erhöhungen der Löhne. Das heißt, dass es sich hier nicht um eine festgeschriebene, kontinuierliche Lohnerhöhungen handelt, sondern um steuerfreie Sonderboni die nach ihrer Laufzeit bei den Arbeiterinnen und Arbeitern wieder fehlen.

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Peter Hacks zum Imperialismus

Im nachfolgenden Artikel des DDR-Schriftstellers und Kommunisten Peter Hacks aus dem Jahr 2000 werden wichtige Aspekte für die Diskussion um den Imperialismus sowie den richtigen Imperialismusbegriff gegeben. Dieser Artikel findet sich in dem Band „Marxistische Hinsichten. Politische Schriften 1955-2003“, das 2018 im Eulenspiegel Verlag (Berlin) erschienen ist. Link zum ganzen Buch: www.eulenspiegel.com/verlage/eulenspiegel-verlag/titel/marxistische-hinsichten.html

GEORG NOSTRADAMUS ODER PROFESSOR FÜLBERTHS VORHERSAGE

500 Jahre Imperialismus

Georg Fülberth hat eine Sache herausgefunden, die für jeden Bewohner des Erdballs von entscheidender Wichtigkeit ist. Die Produktionsweise des Imperialismus, das hat er herausgefunden, hat noch volle 500 Jahre zu leben.

Der Beweis ist der. Die Sklavenhaltergesellschaft wahrte von 500 vor bis 500 nach der Zeit, also 1000 Jahre. Der Feudalismus wahrte von 500 bis 1500, also wieder 1000 Jahre. Folglich hat der Kapitalismus, der 1500 begann, um die ihm zustehenden 1000 Jahre einzuheimsen, noch 500 Jahre vor sich, von jetzt gerechnet.

Denn jede Produktionsweise, das zeigt die Liste, hat Anspruch auf 1000 Jahre Dauer. Ich hatte Fülberths Millenniumszauber für einen Spaß genommen, hatte seine Überschrift ≫Kurze Sprünge≪ (≫konkret≪ 4/2000) nicht den Verdacht in mir erweckt, er messe seiner Lehre von der Langatmigkeit der Gesellschaftsformationen eine gewisse Bedeutung bei, und schon ein Vierteljahr vor Fülberth eröffnet Manfred Sohn (in der ≫nVs≪ 1/2000) ein allgemeines ≫Nachdenken über die Dimension der Zeit in der Politik≪. (Wir Marxisten, tadelt Sohn, sind immer ≫voreilig≪, und unsere Schlüsse sind alle ≫übereilt≪).

Als ich merkte, das die Rechnung, die Fülberth uns aufmacht, ernst gemeint ist, entschloss ich mich nachzurechnen. Ich gelangte zu folgender geschichtlichen Tafel, die ich für wirklichkeitstreuer halte.

Die asiatische Despotie (China, Ägypten, Mesopotamien) veranschlage ich auf 3000 oder 4000 Jahre.

Den Sklavenhaltern gebe ich, ganz wie Fülberth, 1000 Jahre, von 500 vor bis 500 nach.

Dem Feudalismus gebe ich die Jahre von 800 bis 1500, macht 700. (Die fehlenden 300 Jahre von 500 bis 800 mit ihrer Weder-Sklaverei-noch-Lehnswesen-Beschaffenheit schenke ich Robert Kurz, ich will sie nicht. Sie haben was von seiner Weder-Kapitalismus-noch-Sozialismus-Diagnose, die er ausgerechnet für die Gegenwart stellt, und müßten ihm gefallen).

Anschließen bei mir, von 1500 bis 1900, 400 Jahre Absolutismus, den Bonapartismus eingeschlossen. (Das sind jene feudal-bourgeoisen Kompromisse, die tatsächlich die einzige Spanne ausmachen, worin frei konkurrierende Kapitalisten ein bißchen mitherrschen und ihren Geschäften nachgehen dürfen).

Der Imperialismus hat 100 Jahre, von 1900 bis 2000, und seine Frist ist im Grunde um.

Das wollte ich beweisen.

Sie erkennen vermöge der Intelligenztests, die Sie im Lauf Ihres Daseins bestanden haben, das die jeweils spätere Form immer 300 Jahre kurzer ist als die ihr vorhergegangene und wir es mit einer Reihe vom Schlage der fallenden arithmetischen Progression als dem Allgemeinen Epochengesetz zu tun haben. Anschließend an den Imperialismus sollten wir uns wieder auf 3000 bis 4000 Jahre Sozialismus einrichten. Mehr auszusagen wäre verwegen und nicht mehr durchaus wissenschaftlich.

Was ein Kommunist gefragt haben würde

Große Entdecker sind ruhmredig, es ist nicht das, was ich Georg Fülberth vorwerfe. Aber die Vorhersage einer 500jahrigen Lebensdauer des Imperialismus und Äußerungen wie:

≫Dabei kann der Kapitalismus gerade jetzt vor Kraft kaum laufen≪ – was nutzt derlei Unterricht der Arbeiterklasse? Konnte nicht sein, das er ihren Mut schwächt? Ein Kommunist wurde sich diese Frage überlegt haben. Fülberth gibt sein schreckliches Geheimnis vor aller Ohren preis und plaudert den Völkern und den Klassen ganz roh und schonungslos aus, das die Mächte, die uns quälen, nicht vor einem halben Jahrtausend zusammenbrechen werden.

Man sieht dem Imperialismus Tag für Tag beim Zusammenbrechen zu, und mochte doch auch gegen Georg Fülberth höflich bleiben. Ich persönlich habe allen Grund, Fülberth zu danken. Er korrigiert meine lateinischen Fehler. Er nimmt mich gegen den beabsichtigten Vernichtungsschlag eines feindlich gesonnenen Parteiorgans in Schutz. Er rezensiert mit großer Herzlichkeit meine Gedichte. Ich habe eine Weise gefunden, Fülberth seinen Teil Recht zu lassen, und gestehe so viel ein: An Georg Fülberth wird der Imperialismus nicht zusammenbrechen.

Ein Kommunist würde sich ferner diese weitere Frage überlegt haben: Was hat der bisherige Marxismus über die historischen Aussichten des Imperialismus vorgetragen? Der Kommunist ist, wie wir wissen, ein Dogmatiker, autoritätshörig und buchstabengläubig. Aber ihn entschuldigt ein wenig, das er gewohnt ist, das es seinen Gegnern in solchem Maße an Gründen gegen die Marxisten fehlt, das es hochst selten vorkommt, das sie etwas anfechten, das die Marxisten tatsächlich gedacht oder gesagt haben. Viel lieber widerlegen sie am Marxismus, was kein Marxist je vertrat.

≫Die marxistische Wissenschaft≪, so Fülberth, hat dem Imperialismus ≫sein Ende bestimmt≪. So viel, kein Wort drüber. Aber damit unterstellt er dem ganzen vorfülberthschen Marxismus eine Meinung, die kein Klassiker zu hegen je in Versuchung war, und damit zwingt er mich, ihm die Muhe, über die Annahmen der marxistischen Autoritäten zu Todesart und Todesstunde des Imperialismus Bericht zu erstatten, abzunehmen.

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Unbefristeter Solidaritätshungerstreik für die politischen Gefangenen in der BRD und gegen den § 129 StGB

Zum Tag der politischen Gefangenen am 18. März 2023 hat die Kämpferin der Revolutionären Jugend Europa ( Dev-Genç Avrupa) Eda Deniz Haydaroğlu einen unbefristeten Hungerstreik in der BRD begonnen. Sie fordert mit ihrem Solidaritätshungerstreik u.a. die Freiheit für alle revolutionären, demokratischen und antifaschistischen Gefangenen, die in den Gefängnissen des BRD-Imperialismus inhaftiert sind:

Unbefristeter Hungerstreik gegen den § 129

Eda Deniz Haydaroğlu, Mitglied der Dev-Genç (Revolutionäre Jugend) Europa, die in Deutschland lebt, kündigte an, dass sie einen unbefristeten Hungerstreik beginnen wird, um die Gesetzlosigkeit und Ungerechtigkeit des deutschen Imperialismus aufzudecken und den Kampf gegen das 129b-Gesetz [§§ 129 a/b StGB] zu verstärken.

Sie teilte ein Video, in dem sie die Gründe für ihren Hungerstreik-Widerstand erklärt, den sie am 18. März, dem „Internationalen Tag der Freiheit für politische Gefangene“, beginnen wird, mit der dringenden Forderung, dass Özgül Emre, İhsan Cibelik, Serkan Küpeli und Hasan Unutan ohne Untersuchungshaft verurteilt werden sollten!

Video von Eda Deniz Haydaroğlu, die ihren unbefristeten Hungerstreik erklärt (auf Türkisch):

Weitere Forderungen des Hungerstreik-Widerstands von Eda Deniz Haydaroğlu;

1- Özgül Emre, İhsan Cibelik, Serkan Küpeli und Hasan Unutan sollen ohne Untersuchungshaft vor Gericht gestellt werden!

2 – Facebook-Posts und digitale Beweise sollten und können nicht als strafrechtliche Beweise verwendet werden!

3- Der deutsche Generalbundesanwalt Peter Frank soll erklären, warum er sich mit Recep Tayyip Erdoğan, dem türkischen Präsidenten und Mörder tausender Menschen, getroffen hat!

4- Akzeptieren Sie die Forderungen des italienischen Anarchisten und Militanten Alfredo Cospito, der sich im unbefristeten Hungerstreik gegen die Isolation befindet!

5- Abschaffung von §129, §129a, §129b, Abschaffung aller Anti-Terror-Gesetze!

6- Sofortige Freilassung aller antifaschistischen und revolutionären Gefangenen!

Wir rufen alle auf, sich den Widerstand von Eda Deniz Haydaroğlu zu eigen zu machen, um den Kampf gegen das 129b-Gesetz zu verstärken!

Lasst uns ihren Hunger und ihren Widerstand teilen, lasst uns ihrer Stimme eine Stimme geben!

EDA DENİZ HAYDAROĞLUS FORDERUNGEN MÜSSEN AKZEPTIERT WERDEN!

ÖZGÜL EMRE, İHSAN CİBELİK, SERKAN KÜPELİ UND HASAN UNUTAN SOLLTEN OHNE UNTERSUCHUNGSHAFT VOR GERICHT GESTELLT WERDEN!

REVOLUTIONÄR ZU SEIN IST KEIN VERBRECHEN, ES IST EINE PFLICHT!

ES LEBE UNSER HUNGERSTREIKWIDERSTAND!

SCHAFFT §129, §129A UND §129B AB!

Quelle des englischen Originals: www.kontrapolis.info/9858/

Internationaler Tag gegen Polizeigewalt

Zum heutigen Internationalen Tag gegen Polizeigewalt (15. März) wird ein Link zu dem Fernsehfilm „Am Ende der Worte“ veröffentlicht, der sich mit dem Thema Polizeigewalt auseinandersetzt. Dieser Action-Thriller wurde im November 2022 in der ARD ausgestrahlt ist hebt sich positiv von den sonstigen Krimis, welche deutsche Fernsehanstalten ausstrahlen, ab. Die „Rote Post“ Nr. 59, Dezember 2022, S. 22-23 ( http://www.rotepresse.noblogs.org ) schreibt in ihrer Rezension über diesen Krimi unter dem Titel „Von der Gewerkschaft der Polizei (nicht) empfohlen: Am Ende der Worte„:

„Mitte November hat die ARD die Eigenproduktion „Am Ende der Worte“, welche in der deutschen Presse kritische Aufmerksamkeit bekommen hat, ausgestrahlt und in ihrer Mediathek hochgeladen. In dem Action-Thriller mit der Schauspielerin Lisa Vicari in der Hauptrolle geht es um die Versetzung einer jungen Polizistin zu einer Einheit der Bereitschaftspolizei in Hamburg.

Bei der Hamburger Abteilung der „Gewerkschaft der Polizei“ und ihrem stellvertretenden Chef Lars Osburg löste der Film jedoch „Enttäuschung und Entsetzen“ aus. „Der Film besteht aus Aneinanderreihung von Vorurteilen gegen meine Kolleginnen und Kollegen, die wir in aller Deutlichkeit zurückweisen“, berichtet Osburg und kommt zu dem Schluss: „Wir können den Film nicht empfehlen.“ Was so tiefe Gefühlsregungen und Hobbyfilmkritik beim Zweitchef des Hamburger Polizeipropagandaorgans auslöst, ist für uns Grund genug, uns den Film einmal genauer anzugucken. Schließlich muss die Regisseurin Nina Vukovic ja einen sehr wunden Punkt getroffen haben, wenn Oberbullen jetzt pressewirksam erzählen, dass man diesen Film eher nicht anschauen soll.“

Ruhm den Helden von Stalingrad!

Aus: Lalkar No. 227 (March/April 2023), pp. 1, 18-23

Am 2. Februar dieses Jahres jährte sich zum 80. Mal die Schlacht von Stalingrad. Es war eine Schlacht von titanischem Ausmaß. Bevor wir uns mit dieser Schlacht befassen, die den Verlauf des Zweiten Weltkriegs veränderte, sind einige Hintergrundinformationen zu den Ereignissen, die zu dieser Schlacht führten, angebracht.
Die sowjetische Führung war sich schon früh darüber im Klaren, dass die Bedingungen für einen Krieg heranreiften, dass der Versailler Vertrag, der den Ersten Weltkrieg beendete, nur die Grundlage für einen Waffenstillstand zwischen den Kriegen war und dass der kommende Krieg schreckliche Ausmaße annehmen würde. Die Sowjetunion wollte keinen Krieg, aber es lag nicht an ihr, abseits zu stehen. Mit den Worten Stalins: „…wenn der Krieg beginnt, werden wir kaum mit verschränkten Armen dasitzen können. Wir werden herauskommen müssen, aber wir sollten die letzten sein, die herauskommen. Und wir sollten herauskommen, um das entscheidende Gewicht in die Waagschale zu werfen, das Gewicht, das die Waage zum Kippen bringen sollte“ (Stalin, „Ansprache an das Zentralkomitee der KPdSU(B)“ im Januar 1925, Ausgewählte Werke, Band 7, S. 13-24).
Die Sowjetunion setzte sich daher für die Erhaltung des Friedens ein und versuchte, den Ausbruch des Krieges und ihre eigene Verwicklung in den Krieg hinauszuzögern, um ihre eigene wirtschaftliche und militärische Macht aufzubauen.
Im Laufe der Jahre wurde klar, dass die Sowjetunion, selbst wenn sie es wollte, nicht nur Zuschauer bleiben konnte. In seiner Außenpolitik zeigte Stalin „große Vorsicht, Zurückhaltung und Realismus“. Er brauchte Zeit, um Russlands Industrie und militärische Stärke aufzubauen. Er wurde im Osten und im Westen ständig provoziert, was ihn in vielerlei Hinsicht verärgert haben muss, aber er verlor nie die übergeordnete Notwendigkeit aus den Augen, den Ausbruch des Krieges so lange wie möglich hinauszuzögern. Aus diesem Grund legte er den größten Wert auf Frieden und Abrüstung in der Weltpolitik“ (Ian Grey, Stalin – Mann der Geschichte, Abacus, 1982, S.296).

Streben nach kollektiver Sicherheit

In diesem Sinne verfolgte die sowjetische Führung eine Politik der kollektiven Sicherheit, und in den frühen 1930er Jahren handelte die Sowjetunion Nichtangriffspakte mit Polen und Finnland aus.
1933, als Hitler in Deutschland an die Macht kam, zogen über Europa Kriegswolken auf. Während die nationalsozialistische Führung immer aggressiver und hasserfüllter wurde, blieb Stalin vorsichtig. Stalin, der darauf bedacht war, Nazi-Deutschland nicht zu provozieren, wurde durch Hitlers kriegerische Erklärung beunruhigt: „Der deutsch-polnische Nichtangriffspakt deutete darauf hin, dass er [Hitler] Polens Ansprüche auf die Ukraine förderte und vielleicht vorhatte, dass die beiden Länder die riesigen Steppen zwischen ihnen irgendwie teilen könnten“ (Grey, ebd., S.298).
Im Sommer 1934 unterzeichnete die UdSSR Nichtangriffsverträge mit der Tschechoslowakei, Rumänien und Bulgarien. Stalin war sich jedoch darüber im Klaren, dass die jahrhundertealte Feindschaft der Polen gegenüber Russland sie zu den gefährlichsten Nachbarn der Sowjetunion machte.
1935 begann die UdSSR, die Möglichkeit einer Annäherung an andere kapitalistische Länder zu prüfen. Die Vereinigten Staaten, die sich in den 1920er Jahren eines großen Wohlstands erfreuten, hatten sich dem Wahn hingegeben, an die Überlegenheit des Kapitalismus zu glauben, und weigerten sich sogar, die sowjetische Regierung anzuerkennen. Die wirtschaftliche Depression, die mit dem Börsenkrach von 1929 begann, und die Notwendigkeit, der zunehmenden Dominanz Japans im Pazifik entgegenzuwirken, hatten die USA ernüchtert und leiteten 1933 einen Wandel in der US-Politik ein. Die Regierung Roosevelt erkannte bei ihrem Amtsantritt die Sowjetunion an, und am 13. Juli 1935 wurden mit der Unterzeichnung eines Handelsabkommens einigermaßen freundschaftliche Beziehungen zwischen den beiden Ländern in Aussicht gestellt.
Im Oktober 1936 wurde die Achse Berlin-Rom gebildet, gefolgt von der Unterzeichnung des deutsch-japanischen Antikominternpakts am 25. November 1936. Im März 1938 besetzte Nazi-Deutschland Österreich. Die Sowjetunion reagierte auf diese Entwicklungen, indem sie vorschlug, dass Großbritannien, Frankreich und die UdSSR eine gemeinsame Front gegen Deutschland bilden sollten. Die britische und die französische Regierung verschmähten jedoch die sowjetischen Bemühungen um kollektive Sicherheit, die darauf abzielten, den Krieg zu verzögern, wenn nicht gar zu verhindern, und hielten daraufhin am 28. und 30. September 1938 die beschämende Münchner Konferenz mit Hitler ab, auf der sie die Tschechoslowakei in die Hände der Nazis übergaben.
Die Sowjetunion wurde zu dieser Konferenz nicht einmal konsultiert, geschweige denn eingeladen, daran teilzunehmen. Die westlichen imperialistischen Länder weigerten sich, auf die sowjetischen Vorschläge für ein großes Bündnis einzugehen. Mit den Worten von Churchill:
„Das sowjetische Angebot wurde faktisch ignoriert. Sie wurden nicht in die Waagschale gegen Hitler geworfen und mit unserer Gleichgültigkeit – um nicht zu sagen Verachtung – behandelt, was bei Stalin einen Eindruck hinterließ. Die Ereignisse nahmen ihren Lauf, als gäbe es Russland nicht. Dafür haben wir später teuer bezahlt“ (Der Zweite Weltkrieg, Band 1, S. 239-240).
Der Hass auf den Kommunismus hatte eindeutig über alle anderen Überlegungen gesiegt. Stalin verstand die Motive, die der Zustimmung Großbritanniens und Frankreichs zur Zerstückelung der Tschechoslowakei durch Deutschland zugrunde lagen: „Man könnte meinen, dass die Gebiete der Tschechoslowakei Deutschland als Preis für seine Zusage, einen Krieg gegen die Sowjetunion zu beginnen, überlassen wurden“, so Stalin (Probleme des Leninismus, S. 604).
Stalin hegte nicht den geringsten Zweifel daran, dass Großbritannien und Frankreich Deutschland nach Kräften ermutigten, in Richtung Osten zu marschieren, damit sie in Ruhe gelassen würden, während Deutschland und die UdSSR sich gegenseitig vernichteten.
Angesichts der hartnäckigen Weigerung Frankreichs und Großbritanniens, ein kollektives Sicherheitsabkommen mit der UdSSR zu schließen, sah sich die Sowjetunion gezwungen, nach einem anderen Weg zur Verteidigung ihrer Interessen zu suchen. Am 10. März 1939 hielt Stalin auf dem 18. Parteitag der KPdSU(B) eine Rede. Parteitag der KPdSU(B) eine Rede, in der er die Westmächte für die von ihnen gemachten Zugeständnisse und die ihrem Verhalten zugrundeliegenden Motive mit folgenden Worten anprangert:
„Der Krieg wird von Aggressorstaaten [d.h. Deutschland, Italien und Japan] geführt, die in jeder Hinsicht die Interessen der nicht-aggressiven Staaten, vor allem Englands, Frankreichs und der USA, verletzen, während letztere sich zurückziehen und den Aggressoren Zugeständnisse um Zugeständnisse machen“. Ausgelöst wurden sie, so Stalin, durch die Angst vor der Revolution, aber auch durch die Politik, die Sowjetunion und Deutschland „sich gegenseitig schwächen und erschöpfen zu lassen, um dann, wenn sie schwach genug geworden sind, mit neuer Kraft aufzutreten und den geschwächten Kriegsparteien die Bedingungen zu diktieren. Das wäre billig und einfach“ (ebd., S.603). Zum Abschluss seines Berichts sagte er: „Wir treten für friedliche, enge und nachbarschaftliche Beziehungen zu allen Nachbarländern ein, die gemeinsame Grenzen mit der UdSSR haben“.
Am 15. März 1939 marschierten deutsche Truppen in die Tschechoslowakei ein. Stalin schickte eine Protestnote nach Berlin. Die öffentliche Meinung im Westen war über die Vergewaltigung der Tschechoslowakei empört. Bis zuletzt bemühte sich die Sowjetunion nach Kräften um eine Einigung mit den Westmächten, doch vergeblich.
„Für Stalin“, so Ian Grey, „war die unausweichliche Schlussfolgerung, dass die Führer der britischen Regierung von der Feindseligkeit gegenüber dem sowjetischen Regime so geblendet waren, dass sie nicht einmal ein Bündnis mit Sowjetrussland gegen Deutschland in Betracht zogen, um die Schrecken des Krieges abzuwenden“ (a.a.O., S.307).

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Zum Imperialismus III

Wer als Kommunist in der BRD Politik macht, muss sich der Tatsache stellen, dass der deutsche Imperialismus und dessen Monopolbourgeoisie besonders aggressiv sind. Der Komintern-Ökonom Eugen Varga behandelt „Die historischen Wurzeln der Besonderheiten des deutschen Imperialismus“ in seiner erstmals 1946 in Deutschland veröffentlichen gleichnamigen Schrift (E.S. Varga, Ausgewählte Schriften 1918-1964. Band I, Köln, 1982, S. 427-448)1. Karl Marx und Friedrich Engels liefern hierzu einen geschichtlichen Überblick in der Broschüre „Marx und Engels über das reaktionäre Preußentum“ (Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau, 1947)2.

Lenin und Stalin über die besondere Aggressivität des deutschen Imperialismus3

Lenin hat in seinem Buch „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ sowie in anderen Schriften nicht nur die Theorie über die Merkmale des Imperialismus im allgemeinen entwickelt, sondern auch wichtige Analysen und Einschätzungen über Besonderheiten einzelner imperialistischer Großmächte gemacht.

Für uns ist hier natürlich besonders die Frage der Einschätzung des deutschen Imperialismus, Militarismus und Revanchismus wichtig. Hier soll auf zwei von Lenin genannte Besonderheiten hingewiesen werden:

Erstens seine Einschätzung des deutschen Imperialismus als „junkerlich-bourgeoiser“ Imperialismus. Dies hängt zusammen mit dem von Lenin so genannten „preußischen“ Entwicklungsweg, der durch die Verschmelzung der Feudalherren, besonders der preußischen Junker mit der deutschen industriellen Bourgeoisie entstanden war. Die spezifischen Eigenschaften des Preußentums, sein extremer Militarismus, seine Brutalität, seine kastenmäßige Arroganz und kaum fassbare Obrigkeitsgläubigkeit, seine großmachtchauvinistische Überheblichkeit gegenüber anderen Völkern, sein wüster Antisemitismus, seine Doppelzüngelei und seine krassen Wortbrüche jeglichen Vereinbarungen gegenüber selbst seinen engsten Verbündeten, seine ungeheuren demagogischen Fähigkeiten der Massenbeeinflussung, seine Pedanterie gepaart mit Sadismus und grenzenlosem Zynismus gegenüber dem von ihm grausam unterdrückten Volk – all das bildete die „Mitgift“ des Preußentums in seiner Ehe mit der industriellen Bourgeoisie, all das kennzeichnete daher die entstehende imperialistische Bourgeoisie Deutschlands von vornherein.

Zweitens und in Verbindung damit die Feststellung, dass der deutsche Imperialismus „zu spät“ in die Epoche des Imperialismus eingetreten ist, insofern die kolonialen Einflusssphären bereits unter den „älteren“ imperialistischen Mächten verteilt waren. Die besondere Aggressivität des deutschen Imperialismus ergab sich in Zusammenhang damit auch daraus, dass dieser im Inneren schon sehr weit fortgeschritten war.

Über die ungleichmäßige Entwicklung, das Aufholen Deutschlands gegenüber England seit etwa 1860/1870 schreibt Lenin, dass Deutschland: „wenn man seine kapitalistische Macht mit der des damaligen Englands vergleicht, eine klägliche Null (war); ebenso Japan im Vergleich zu Russland. Ist die Annahme ,denkbar‘, dass das Kräfteverhältnis zwischen den imperialistischen Mächten nach zehn, zwanzig Jahren unverändert geblieben sein wird? Das ist absolut undenkbar.“ (Lenin, „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, 1916, LW 22, S. 300 f. bzw. Einzelausgabe des Verlags Olga Benario und Herbert Baum, Offenbach 1997, S. 148)

Aus seiner Analyse des Imperialismus zieht er die Schlussfolgerung, dass sich die imperialistischen Mächte ungleichmäßig entwickeln, dass neue imperialistische Mächte entstanden sind (Japan, Deutschland), und sich der Kampf der imperialistischen Mächte verschärfen wird. (S. 279 f. bzw. S. 120 f.) Deutschland hat die Produktivkräfte in der Zeit zwischen 1892 und 1912 unvergleichlich schneller entwickelt als England (S. 280 bzw. S. 121), weil der „deutsche Imperialismus frischer, kräftiger organisierter ist und höher steht als der englische“ (S. 295 bzw. S. 142). Da der deutsche Imperialismus bei der territorialen Verteilung der Welt zu spät und zu kurz gekommen war, war er auch gezwungen, sein im Ausland angelegtes Kapital am gleichmäßigsten in Europa und Asien zu verteilen. (S. 247 bzw. S. 77)

Indessen hatte England bei der territorialen Aufteilung einen viel größeren Vorsprung und die „deutschen Imperialisten betrachten voller Neid die ,alten‘ Kolonialländer …“. (S. 249 bzw. S. 79)

Denn ihre, relativ gesehen, kleinen Kolonialgebiete genügten den deutschen Imperialisten nicht. Sie forderten die anderen Imperialisten, vor allem die englischen Imperialisten heraus, wobei es nicht nur um Kolonien ging: „Mit der Vorbereitung des imperialistischen Krieges verfolgte Deutschland das Ziel, England und Frankreich Kolonien, Russland die Ukraine, Polen, das Ostseegebiet abzunehmen. Durch den Bau der Bagdadbahn bedrohte Deutschland die Herrschaft Englands im Nahen Osten“ („Geschichte der KPdSU (B) – Kurzer Lehrgang“, Moskau 1938, Berlin 1949, S. 202)

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Zum Imperialismus II

In der „Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki). Kurzer Lehrgang“ (Dietz-Verlag, Berlin/DDR, 1951, S. 210-213) wird die Notwendigkeit für Kommunisten herausgestellt im imperialistischen Krieg die Losung herauszugeben: „Niederlage der eigenen Regierung/Bourgeoisie im imperialistischen Krieg!“ Zu diesem eisernen Gesetz im Imperialismus erklärt die „Geschichte der KPdSU(B). Kurzer Lehrgang“ und hebt die Notwendigkeit des Studiums der klassischen Schrift von W.I. Lenin „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“1 hervor:

„Die Bolschewiki waren nicht gegen jeden Krieg. Sie waren nur gegen den Eroberungskrieg, gegen den imperialistischen Krieg. Die Bolschewiki waren der Meinung, daß es zwei Arten von Kriegen gibt:

a) einen gerechten Krieg, der kein Eroberungskrieg, sondern ein Befreiungskrieg ist, der das Ziel hat, entweder das Volk gegen einen äußeren Überfall und gegen Unterjochungsversuche zu verteidigen, oder das Ziel der Befreiung des Volkes von der Sklaverei des Kapitalismus, oder endlich das Ziel der Befreiung der Kolonien und abhängigen Länder vom Joche der Imperialisten, und

b) einen ungerechten, einen Eroberungskrieg, der das Ziel hat, fremde Länder zu erobern, fremde Völker zu versklaven.

Einen Krieg der ersten Art unterstützten die Bolschewiki. Was den Krieg der zweiten Art betrifft, so waren die Bolschewiki der Auffassung, daß man gegen ihn einen entschiedenen Kampf bis zur Revolution und bis zum Sturz der eigenen imperialistischen Regierung führen muß.

Gewaltige Bedeutung für die Arbeiterklasse der ganzen Welt hatten Lenins theoretische Arbeiten während der Kriegszeit. Im Frühjahr 1916 schrieb Lenin das Werk „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“. Lenin zeigte in diesem Buch, dass der Imperialismus das höchste Stadium des Kapitalismus ist, in welchem dieser bereits aus dem „fortschrittlichen“ Kapitalismus umgeschlagen ist in den parasitären Kapitalismus, in den faulenden Kapitalismus, dass der Imperialismus sterbender Kapitalismus ist. Dies bedeutete natürlich nicht, dass der Kapitalismus von selbst absterben werde, ohne die Revolution des Proletariats, dass er, faul bis ins Mark, von selbst ein-stürzen werde. Lenin hat immer gelehrt, dass es ohne die Revolution der Arbeiterklasse unmöglich ist, den Kapitalismus zu stürzen. Darum wies Lenin, als er den Imperialismus als sterbenden Kapitalismus bezeichnete, in diesem Buche zugleich nach, dass der „Imperialismus der Vorabend der sozialen Revolution des Proletariats ist“.

Lenin zeigte, dass das kapitalistische Joch in der Epoche des Imperialismus immer schwerer wird, dass unter den Bedingungen des Imperialismus die Empörung des Proletariats gegen die Grundlagen des Kapitalismus wächst, dass sich innerhalb der kapitalistischen Länder Elemente einer revolutionären Explosion anhäufen.

Lenin zeigte, dass sich in der Epoche des Imperialismus die revolutionäre Krise in den kolonialen und abhängigen Ländern verschärft, dass die Kräfte der Empörung gegen den Imperialismus, dass die Elemente des Befreiungskrieges gegen den Imperialismus anwachsen.

Lenin zeigte, dass sich unter den Bedingungen des Imperialismus die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung und die Widersprüche des Kapitalismus besonders verschärft haben, dass der Kampf um die Märkte für Warenabsatz und Kapitalausfuhr, der Kampf um Kolonien, um Rohstoffquellen – periodische imperialistische Kriege um eine Neuaufteilung der Welt unvermeidlich macht.

Lenin zeigte, dass es gerade infolge dieser Ungleichmäßigkeit der Entwicklung des Kapitalismus zu imperialistischen Kriegen kommt, die die Kräfte des Imperialismus schwächen und es möglich machen, die Front des Imperialismus an dem Punkt zu durchbrechen, der sich als der schwächste erweist.

Auf Grund von alledem kam Lenin zu der Schlussfolgerung, dass die Durchbrechung der imperialistischen Front durch das Proletariat an irgendeiner Stelle oder einigen Stellen durchaus möglich ist, dass der Sieg des Sozialismus ursprünglich in einigen Ländern oder sogar in einem einzeln genommenen Lande möglich ist, dass der gleichzeitige Sieg des Sozialismus in allen Ländern infolge der Ungleichmäßigkeit der Entwicklung des Kapitalismus in diesen Ländern – unmöglich ist, dass der Sozialismus vorerst in einem Lande oder einigen Ländern siegen wird, während die übrigen Länder für eine gewisse Zeit bürgerliche Länder bleiben werden.

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Einmal ZEITENWENDE reicht!

Das oben abgedruckte Foto stammt aus Bertolt Brechts „Kriegsfibel“ (Eulenspiegel-Verlag, Berlin, 2008, S. 23), einer Fotozusammenstellung Brechts über den II. imperialistischen Weltkrieg. Deutscher Untertiteltext:

Am 10. Dezember hielt Hitler eine seiner großen Reden in einer Waffenfabrik in der Nähe Berlins. Unser Bild zeigt den Reichskanzler und Oberbefehlshaber der deutschen Wehrmacht auf dem Rednerpodium. Links von Hitler sieht man den Leiter der Deutschen Arbeitsfront, Dr. Robert Ley und Reichsminister Dr. Goebbels.

Seht ihn hier reden von der Zeitenwende.

`s ist Sozialismus, was er euch verspricht.

Doch hinter ihm, seht, Werke eurer Hände:

Große Kanonen, stumm auf euch gericht`.

Zum Imperialismus I

Gegenwärtig ist auch innerhalb der internationalen kommunistischen Bewegung die Imperialismus-Theorie von Lenin umstritten. Daher werden die grundlegenden Texte und Vorarbeiten zum Verständnis W.I. Lenins klassischer Schrift „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus. Gemeinverständlicher Abriss.“ (1916)1 sowie deren Nachfolger hier vorgestellt.

Die Theorie ist die Erfahrung der Arbeiterbewegung aller Länder, in ihrer allgemeinen Form genommen. Natürlich wird die Theorie gegenstandslos, wenn sie nicht mit der revolutionären Praxis verknüpft wird, genauso wie die Praxis blind wird, wenn sie ihren Weg nicht durch die revolutionäre Theorie beleuchtet. Aber die Theorie kann zu einer gewaltigen Kraft der Arbeiterbewegung werden, wenn sie sich in untrennbarer Verbindung mit der revolutionären Praxis herausbildet, denn sie, und nur sie, kann der Bewegung Sicherheit, Orientierungsvermögen und Verständnis für den inneren Zusammenhang der sich rings um sie abspielenden Ereignisse verleihen, denn sie, und nur sie, kann der Praxis helfen zu erkennen, nicht nur wie und wohin sich die Klassen in der Gegenwart bewegen, sondern auch, wie und wohin sie sich in der nächsten Zukunft werden bewegen müssen.“

J.W. Stalin: Über die Grundlagen des Leninismus (1924)2

Hier soll erst einmal der Nachweis geführt werden, dass der Imperialismus der Vorabend der sozialistischen Revolution des Proletariats ist. Anhand des Abschnittes „I. Feuerbach. Gegensatz zwischen materialistischer und idealistischer Anschauung“ des Werkes „Die deutsche Ideologie“ von Karl Marx und Friedrich Engels3 soll klar gemacht werden, dass:

  1. Die kapitalistische Gesellschaftsordnung (und damit auch der Imperialismus, der nichts anderes ist als der Monopolkapitalismus, das letzte Stadium des Kapitalismus) nicht vom Himmel gefallen ist, um dann ein für alle mal zu existieren. Sie hat eine bestimmte Entwicklungsgeschichte, die deutlich macht, dass es sich bei ihr um ein vorübergehendes historisches Stadium handelt.
  2. Jede Gesellschaftsordnung ist im Kern nichts anderes als ein bestimmtes Produktionsverhältnis, also die Art und Weise wie ein die materielle Produktion geregelt ist. Die Produktionsverhältnisse werden dabei nicht willkürlich von den Menschen selbst festgelegt, sondern sie hängen ab vom Stand der Produktivkräfte.
  3. Die Geschichte der Menschheit von der Urgesellschaft bis zum Sozialismus ist eine Abfolge von Produktionsverhältnissen, die Ausbeutungsverhältnisse sind. Geschichtlicher Fortschritt bestand in der Ablösung eines Ausbeutungsverhältnisses durch ein anderes, höher entwickeltes. Immer dann, wenn die alten Produktions- und Ausbeutungsverhältnisse dem erreichten Stand der Produktivkräfte nicht mehr entsprachen, die Produktivkräfte behinderten, fielen sie. Allerdings vollzog sich diese Entwicklung nicht im Selbstlauf der Entwicklung der Produktivkräfte, sondern im unerbittlichen Klassenkampf zwischen ausbeutender und ausgebeuteter Klasse.
  4. Diese Einsicht wurde erst möglich im Zuge der Entwicklung des Kapitalismus. Vorher machten sich die Menschen Illusionen über die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Ziele ihres Kampfes.4 So erschien den kämpfenden Volksmassen die bürgerliche Revolution nicht als Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus, sondern als Sieg der individuellen Freiheit über die feudalistische Knechtschaft. Der Kapitalismus aber mit seinem Grundwiderspruch von Lohnarbeit und Kapital ist das am weitesten entwickelte Ausbeutungsverhältnis. Die Revolution, die den Kapitalismus beseitigt, muss deshalb die Ausbeutung und Unterdrückung überhaupt beseitigen. Das unterscheidet die sozialistische Revolution von allen vorangegangen: Die Menschen tauschen nicht ein Ausbeutungsverhältnis gegen ein anderes ein, sondern bestimmen zum ersten Mal selbst ihr Schicksal voll und ganz.
  5. Der historische Materialismus legt wissenschaftlich dar, dass nach dem Imperialismus (als hochentwickelter Kapitalismus und letzte Form der Herrschaft von Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnissen) die Gesellschaftsformation des Sozialismus erkämpft werden kann.5

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