Heraus zum Ersten Mai!

Der Beschluss des Internationalen Sozialistenkongresses in Paris 1889, den 1. Mai zum internationalen Kampftag des Proletariats zu erklären, war ein Ereignis von großer historischen Bedeutung, ein Ereignis des Klassenkampfes der Arbeiter um ihre politischen und wirtschaftlichen Rechte. Es folgte eine Kette neuer, erbitterter Kämpfe der Arbeiterklasse, die ihre politischen Forderungen nun immer nachhaltiger erhob:

… alljährlich am 1. Mai für die gesetzliche Einführung des achtstündigen Arbeitstages, für die Klassenforderungen des Proletariats und für den Weltfrieden zu demonstrieren. Am wirksamsten kommt die Demonstration am 1. Mai in der Arbeitsruhe zum Ausdruck.“ (aus den Beschlüssen des Internationalen Arbeiterkongresses in Amsterdam 1904)

Maienflamme durchleuchtet die Nacht!

Proletarier der Erde, ihr seid die Kraft!

Ihr seid die werdende, wachsende Macht,

die Welten zerschlägt, die Welten erschafft.

Ein Wille, ein mächtiger, schweißt euch zusammen

zur lodernden, glutroten Maienflamme,

die brennender Sturm wird, die niederreißt,

was morsch und alt ist, was was Unrecht heißt.

Die Macht wird, welche von Land zu Land

ihre felsenstarken Brücken spannt.

Die Tat wird – Tat, die die Menschheit befreit

von Habsucht, von Knechtschaft, von Elend und Leid!

Emil Szepansky (in der „Roten Fahne“, 1. Mai 1923)

Erster Mai und die Aufgaben der Gewerkschaften

Gewerkschaften tun gute Dienste als Sammelpunkte des Widerstands gegen die Gewalttaten des Kapitals. Sie verfehlen ihren Zweck zum Teil, sobald sie von ihrer Macht einen unsachgemäßen Gebrauch machen. Sie verfehlen ihren Zweck gänzlich, sobald sie sich darauf beschränken, einen Kleinkrieg gegen die Wirkungen des bestehenden Systems zu führen, statt gleichzeitig zu versuchen, es zu ändern, statt ihre organisierten Kräfte zu gebrauchen, als einen Hebel zur schließlichen Befreiung der Arbeiterklasse, d.h. zur endgültigen Abschaffung des Lohnsystems.“ (Karl Marx, Lohn, Preis und Profit, Peking, 1975, S. 76)

Warum die Gewerkschaften unbedingt ihr Ziel – der Befreiung der Arbeiterklasse vom kapitalistischen Lohnsystem – verfolgen und einen Kampf für Verbesserung der Löhne und die Verringerung der Arbeitszeit führen müssen, um die Massen der Klasse immer besser zu organisieren, wird bei der Lektüre des Kapitel VIII. Der Arbeitslohn des Buches „Politische Ökonomie. Lehrbuch“ (Dietz-Verlag, Berlin/DDR, 1955, S. 140-156) deutlich. Jedes Mitglied einer Gewerkschaft, sollte diese Lehren kennen und beachten. Aktuelle Daten und Fakten zu diesem Thema liefert der Artikel „1. Mai 2022: Alle gemeinsam gegen Krise und Krieg und Kapital“ der Zeitung „Arbeit Zukunft“: www.arbeit-zukunft.de/2022/04/21/1-mai-2020-alle-gemeinsam-gegen-krise-und-krieg-und-kapital/

Kapitel VIII. Der Arbeitslohn

Der Preis der Arbeitskraft. Das Wesen des Arbeitslohns.

Wie jede andere Ware hat auch die Arbeitskraft in der kapitalistischen Produktionsweise einen Wert. Der in Geld ausgedrückte Wert der Arbeitskraft ist der Preis der Arbeitskraft.

Der Preis der Arbeitskraft unterscheidet sich vom Preis der übrigen Waren. Verkauft ein Warenproduzent zum Beispiel Leinwand auf dem Markt, dann stellt die ihm dafür gezahlte Geldsumme nichts anderes dar als den Preis der verkauften Ware. Wenn aber der Proletarier seine Arbeitskraft an den Kapitalisten verkauft und dafür eine bestimmte Geldsumme in Form des Arbeitslohns erhält, dann entsteht der Anschein, als stelle diese Geldsumme nicht den Preis der Ware Arbeitskraft, sondern den Preis der Arbeit dar.

Dies hat folgende Ursachen. 1. zahlt der Kapitalist dem Arbeiter erst dann einen Arbeitslohn, wenn der Arbeiter bereits gearbeitet hat. 2. wird der Arbeitslohn entweder anhand der Menge der geleisteten Arbeitszeit (Stunden, Tage, Wochen) oder anhand der Menge der hergestellten Erzeugnisse festgelegt. Verwenden wir das obige Beispiel. Angenommen, der Arbeiter arbeite 8 Stunden am Tag. Im Verlaufe von 4 Stunden schafft er einen Wert von 80 Euro, der dem Wert seiner Arbeitskraft entspricht. Während der restlichen 4 Stunden schafft er einen Wert von 80 Euro, den sich der Kapitalist als Mehrwert aneignet. Da der Kapitalist aber den Proletarier für den vollen Arbeitstag gedungen hat, bezahlt er ihm für die ganzen 8 Stunden Arbeit 80 Euro. Auf diese Weise entsteht die Vorstellung, als sei der Arbeitslohn der Preis der Arbeit, als würde mit den 80 Euro der ganze 8stündige Arbeitstag voll bezahlt. In Wirklichkeit aber stellen die 80 Euro nur den Tageswert der Arbeitskraft dar, während die Arbeit des Proletariers einen Wert von 160 Euro geschaffen hat. Wenn sich hingegen die Bezahlung nach der Menge der hergestellten Erzeugnisse richtet, entsteht der Anschein, als werde dem Arbeiter die von ihm zur Herstellung einer jeden Wareneinheit aufgewandte Arbeit bezahlt, d.h., auch hier entsteht die Vorstellung, als erhalte der Arbeiter die aufgewandte Arbeit voll bezahlt.

Diese falsche Vorstellung ist kein zufälliger Irrtum. Sie ergibt sich aus den spezifischen Bedingungen der kapitalistischen Produktion, bei der die Ausbeutung verdeckt, d.h. maskiert ist und sich das Verhältnis des Unternehmers zum Lohnarbeiter in entstellter Form, als Verhältnis einander gleicher Warenbesitzer darstellt.

In Wirklichkeit stellt der Arbeitslohn des Lohnarbeiters nicht den Wert oder Preis seiner Arbeit dar. Wenn die Arbeit eine Ware ist und Wert besitzt, so muss die Größe dieses Werts durch irgend etwas gemessen werden. Offensichtlich muss die Größe des „Werts der Arbeit“ wie bei jeder anderen Ware durch die Menge der in ihr enthaltenen Arbeit gemessen werden. Unter dieser Voraussetzung ergibt sich der fehlerhafte Schluss: Arbeit wird durch Arbeit gemessen.

Ferner, wenn der Kapitalist dem Arbeiter den „Wert der Arbeit“ bezahlte, d.h., wenn er die Arbeit voll bezahlte, dann gäbe es keine Quelle für das Wachstum des investierten Kapitals und damit keine Bereicherung des Kapitalisten. Mit anderen Worten, unter dieser Voraussetzung könnte die kapitalistische Produktionsweise überhaupt nicht bestehen.

Die Arbeit schafft den Wert der Waren, ist aber selbst keine Ware und besitzt daher selbst keinen Wert. Das, was im gewöhnlichen Leben „Wert der Arbeit“ genannt wird, ist in Wirklichkeit der Wert der Ware Arbeitskraft.

Der Kapitalist kauft also auf dem Markt nicht die Arbeit, sondern eine besondere Ware – die Arbeitskraft. Der Gebrauch der Arbeitskraft, das heißt die Verausgabung von Muskel, Nerv und Hirn des Arbeiters, ist die Arbeit im Produktionsprozess. Der Wert der Arbeitskraft ist stets geringer als der durch die Arbeit des Arbeiters geschaffene Neuwert. Da aber der Arbeitslohn der Form nach die Bezahlung der Arbeit zu sein scheint, entsteht die Vorstellung, als werde der gesamte Arbeitstag voll bezahlt. Daher nennt Marx den Arbeitslohn in der bürgerlichen Gesellschaft die verwandelte Form des Werts oder Preises der Arbeitskraft. Marx stellt fest, dass der Arbeitslohn „nicht das ist, was er zu sein scheint, nämlich der Wert, respektive Preis der Arbeit, sondern nur eine maskierte Form für den Wert, respektive Preis der Arbeitskraft.“ (MEW 19, S. 25) Der Arbeitslohn ist der Geldausdruck des Werts der Arbeitskraft, ihr Preis, der als Preis der Arbeit erscheint.

In der Sklavenhaltergesellschaft findet zwischen Sklavenhalter und Sklave kein Kauf und Verkauf der Arbeitskraft statt. Der Sklave ist Eigentum des Sklavenhalters. Daher entsteht der Anschein, als verrichte der Sklave die gesamte Arbeit unentgeltlich, als sei sogar der Teil der Arbeit, der die Aufwendungen für die Erhaltung des Sklaven ersetzt, unbezahlte Arbeit, Arbeit für den Sklavenhalter. In der Feudalgesellschaft sind die notwendige Arbeit des Bauern in der eigenen Wirtschaft und die Mehrarbeit in der Wirtschaft des Gutsherrn zeitlich und räumlich deutlich voneinander geschieden. In der kapitalistischen Ordnung dagegen erscheint selbst die unbezahlte Arbeit des Lohnarbeiters als bezahlt.

Der Arbeitslohn löscht jede Spur der Teilung des Arbeitstages in notwendige und Mehrarbeitszeit, in bezahlte und unbezahlte Arbeit aus und maskiert damit das Verhältnis der kapitalistischen Ausbeutung.

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Kapitalismus ist Krieg – Sozialismus ist Frieden

Nachfolgend dokumentiere ich einen Artikel aus der Jugendzeitschrift „Young Struggle“ (www.young-struggle.org ) über die Folgen der weiteren Militarisierung und Kriegspolitik des BRD-Imperialismus und seiner Ampel-Bundesregierung:

Grundbedürfnisse befriedigen statt Kriege zu befeuern!

100 Milliarden Euro investiert die Bundesregierung in Aufrüstung; ein Schlag ins Gesicht aller Arbeiter:innen. Während die Corona-Pandemie das Gesundheitspersonal sehr hart getroffen hat, sie durch jahrelange Sparmaßnahmen und Privatisierungen an den Rand ihrer Existenz gedrängt wurden, während Spritpreise, Zugtickets, Lebensmittel usw. immer teurer werden, die Löhne aber kaum bis gar nicht steigen, beschloss die BRD in weniger als 24 Stunden eine Erhöhung der Militärausgaben von 100 Milliarden Euro. Mit diesem Schritt zur massiven Aufrüstung und Militarisierung des deutschen Imperialismus ist das ganze aber nicht getan, denn dazu kommt eine Erhöhung der jährlichen Militärausgaben auf 70 Milliarden Euro. Wer also meint, dass uns diese Aufrüstung nur in der aktuellen Krisensituation beschäftigen wird und dann nicht mehr, irrt sich gewaltig. Die deutsche Waffenlobby feiert und der deutsche Staat zeigt doch recht offen seine Strategie für die kommende Wirtschaftskrise: Sie lautet Geld für Militarisierung, Leid und Elend statt für unsere Grundbedürfnisse.

Die russische Invasion in die Ukraine ist nicht einmal zwei Monate her und hat nichtsdestotrotz für die Arbeiter:innenklasse eine neue Zeit eingeläutet – ob hier, in der Ukraine oder in Russland. Die Misere des Imperialismus ist in greifbare Nähe gerückt. Die Bilder des Krieges sind nun wiedermal in allen Nachrichten zu sehen und ungleich zu den etlichen imperialistischen Kriegen in Syrien, Afghanistan, dem Irak, Jemen usw. ist in der Bevölkerung bedingungslose Solidarität mit der Ukraine vorzufinden. Die Herrschenden nutzen diese Stimmung der allgemeinen Wut über die Opfer des Imperialismus und verbreiten die Behauptung, dass nur die Stärkung des eigenen Militärs Sicherheit vor solchem Leid schaffen kann.

Während also in der gesamten Pandemie und Krise keine nennenswerten Investitionen in das Gesundheitswesen, die Bildung oder den Klimaschutz gemacht wurden, werden die Militärausgaben mit einem Schlag massiv angehoben – mit einer Summe, die höher ist als das Budget des Gesundheits-, Bildungs-, Innen-, Familien-,
Wirtschafts-, Umwelt-, Entwicklungs- und Landwirtschaftsministeriums zusammen. Diese Umstände werden wir nicht unbeantwortet lassen. Wir lassen uns das nicht gefallen und sagen nein zu ihren Kriegen und ihrer Aufrüstung! Daher fordern wir:

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Bis zum letzten Ukrainer

Nachfolgend dokumentiere ich einen Beitrag des Internetportals http://www.german-foreign-policy.com mit dem Titel „Bis zum letzten Ukrainer“ über den derzeitigen imperialistischen Krieg um die Ukraine:

„Bis zum letzten Ukrainer”

Berlin und die EU bereiten neue Waffenlieferungen an die Ukraine vor. Ex-US-Diplomat urteilt, der Westen favorisiere zwecks Schwächung Russlands einen langen Krieg.

19 APRIL 2022

BERLIN/WASHINGTON/KIEW (Eigener Bericht) – Berlin und die EU bereiten weitere Rüstungslieferungen an die Ukraine vor und schließen eine Ausdehnung des Krieges über mehrere Jahre nicht aus. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am Wochenende bekräftigt, Brüssel sei für die Ausfuhr auch schwerer Waffen in die Ukraine offen. Die Bundesregierung will fremden Staaten „Militärhilfen“ in Höhe von zwei Milliarden Euro zur Verfügung stellen; den Großteil sollen die ukrainischen Streitkräfte erhalten. Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall erklärt sich bereit, bis zu 50 Kampfpanzer des Typs Leopard 1 zu überholen und sie Kiew zu liefern. Die Strategie der westlichen Mächte im Ukraine-Krieg orientiert nicht darauf, die Kämpfe so schnell wie möglich mit einem Waffenstillstand zu beenden, sondern darauf, Russland militärisch zu schwächen und ihm eventuell gar eine Niederlage zu bereiten; der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußert, der Krieg werde „auf dem Schlachtfeld“ entschieden. Ein einst hochrangiger US-Diplomat kommentiert, die transatlantischen Mächte kämpften gegen Russland „bis zum letzten Ukrainer“.

„Jahrelang Krieg“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am Ostersonntag den Druck erhöht, der Ukraine mehr und zudem schwerere Waffen zu liefern als bisher. „Ich unterscheide nicht zwischen schweren und leichten Waffen“, erklärte von der Leyen in einem Interview mit der Springer-Zeitung „Bild“: Die ukrainischen Streitkräfte müssten „das bekommen“, was sie benötigten und „handhaben“ könnten.[1] Die EU habe dafür bislang 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt; hinzu kämen Ausfuhren von Mitgliedstaaten. „Für alle Mitgliedstaaten gilt“, sagte die Kommissionspräsidentin: „Wer kann, sollte schnell liefern, denn nur dann kann die Ukraine in ihrem akuten Abwehrkampf gegen Russland bestehen.“ Zur Zielsetzung der Waffenlieferungen behauptete von der Leyen einerseits, die Union werde „alles tun“, damit der Krieg „so schnell wie möglich endet“. Andererseits äußerte sie in offenem Widerspruch dazu: „Die Ukraine kann den Krieg gewinnen.“ Allerdings werde man sich dafür auch „darauf vorbereiten“ müssen, „dass der Krieg schlimmstenfalls noch Monate, gar Jahre dauern kann“.

Drohnen, Panzer, Militärhubschrauber

Die NATO-Staaten sind daher dabei, ihre Waffenlieferungen an die Ukraine aufzustocken. Zu den Panzer- und den Flugabwehrwaffen, die sie Kiew längst in hoher Zahl zur Verfügung stellten, kamen inzwischen unter anderem gepanzerte Fahrzeuge und Haubitzen sowie Drohnen hinzu; nun sollen außerdem Panzer und Militärhubschrauber des alten sowjetischen Typs Mi-17 in an die Ukraine grenzende Gebiete östlicher und südöstlicher NATO-Staaten gebracht und dort ukrainischen Soldaten übergeben werden. Alleine US-Lieferungen, die nicht zuletzt auch Munition und Schutzausrüstung aller Art umfassen, werden in Washington auf einen Wert von gut 800 Millionen US-Dollar geschätzt. Die Rüstungsexporte, die die Vereinigten Staaten alleine seit Kriegsbeginn am 24. Februar an ukrainische Truppen übergaben, belaufen sich inzwischen auf einen Wert von gut 3,2 Milliarden US-Dollar. Kritik hat hervorgerufen, dass die Ausbildung ukrainischer Soldaten an Waffensystemen, die sich bisher nicht in den Kiewer Beständen befanden, Zeit kostet. US-Militärs erklären dazu, es sei möglich, die Ausbildungszeit deutlich zu verkürzen. Ukrainische Soldaten werden von der NATO insbesondere in Polen im Gebrauch des Kriegsgeräts trainiert.[2]

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Russland – antiimperialistische Friedensmacht oder kapitalistisch-imperialistische Großmacht?

Es wird auf eine aktualisierte Broschüre der Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands/Arbeit-Zukunft zur Einschätzung der ökonomischen und politischen Lage in der Russischen Föderation hingewiesen. Für Bestellungen dieser Neuauflage wird auf die oben abgedruckte Adresse hingewiesen.

Nachfolgend wird die erste Auflage dieser Broschüre von 2016 abgedruckt (Quelle: http://www.arbeit-zukunft.de/2014/09/06/russland-antiimperialistische-friedensmacht-oder-kapitalistisch-imperialistische-grossmacht/ ):

Seit Beginn der Konflikte in der Ukraine bis zu den aktuellen bewaffneten Kämpfen haben sich unter den fortschrittlichen, revolutionären und kommunistischen Kräften in Deutschland völlig unterschiedliche Bewertungen der Politik Russlands, des Charakters des heutigen Russlands ergeben.

Keinen großen Unterschiede gibt es in der Bewertung der Aggression Deutschlands, der EU, der NATO und der USA in der Ukraine. Alle sind sich einig, dass die gegenwärtige ukrainische Regierung gewaltsam zur Macht kam, dass sie von Faschisten durchsetzt ist, dass sie die Interessen der westlichen Großmächte vertritt. Alle sind sich einig, dass Deutschland, EU, NATO und die USA auf Expansionskurs sind – und zwar zu Lasten Russlands.

Man könnte also gemeinsam gegen diese Politik auftreten, wie es auch eine ganze Reihe revolutionärer, kommunistischer Organisationen machen. Es gibt aber Stimmen, die die unterschiedliche Beurteilung Russlands zum Anlass nehmen, sich zu trennen und gegeneinander zu kämpfen.

Russland Friedensmacht?

Beispielsweise hat der Deutsche Freidenker-Verband bereits im Mai 2014 eine Erklärung veröffentlicht, in der es u.a. heißt: „Die einzige Chance zur Verteidigung des Friedens besteht in der Annäherung an Russland. Die Russische Föderation ist die Schutzmacht des Friedens in Europa… Nur an der Seite Russlands kann ein 3. Weltkrieg verhindert werden. Nur in Solidarität mit Russland kann die Friedensbewegung, gerade in Deutschland, wieder zu einem ernstzunehmenden Faktor werden.“ (S.6, PDF-Datei, http://www.freidenker.org/cms/dfv/index.php?option=com_content&view=article&id=437)

Im „Rotfuchs“, Juli 2014, schreibt auf S.7 Hermann Jacobs unter der Überschrift „Warum Russlands oligarchischer Kapitalismus nicht imperialistisch ist. Keine Restauration klassischer Art“, dass Russland „derzeit eine antifaschistische Schlacht für den Frieden schlägt…“

Auch Hans Günter Szalkiewicz, DKP, beklagt in der Zeitschrift „Theorie und Praxis“, Juni 2014, S.3: „In einem gemeinsamen Flugblatt der Kommunistischen Initiative Gera 2010, der Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei, der Kommunistischen Partei Deutschlands und des Revolutionären Freundschaftsbundes mit dem Titel: ‚Willst Du den Kampf um die Ukraine bezahlen?‘ sind die Sätze enthalten: ‚Denn wenn die neue Großmacht Deutschland, die EU und die USA die Ukraine kontrollieren, dann stehen sie direkt vor der Grenze ihres Konkurrenten, der Großmacht Russland.‘ Und: ‚Der Kampf der Großmächte ist brandgefährlich. (…) Wir stehen nicht auf der Seite von Putin und Janukowitsch.‘
Im Aufruf zum Ostermarsch von ‚Arbeit und Zukunft‘, der mit ‚Frieden‘ überschrieben ist, wird dieselbe Aussage in etwas abgewandelter Art verwendet: ‚Vor unseren Augen findet ein Machtkampf statt. (…) Man ist offen gegen die Großmacht Russland vorgegangen, der unsere Sympathien ebenfalls nicht gehören.‘„
 Er behauptet, dass man Russland nicht als kapitalistisch oder imperialistisch bezeichnen könne und beruft sich unter anderem auf die Erklärung der Freidenker, dass Russland eine Friedensmacht sei.

Auf der anderen Seite verbreitet zum Beispiel die MLPD im Aufruf der ICOR zum Antikriegstag: „Russland verfolgt seinerseits eine expansionistische, militärisch-politische Taktik auf der Krim und in der Ostukraine und probt mit Geheimmanövern wie Wostok 2014 mit ‚Truppenverlegung über weite Strecken‘ die Invasion in der Ukraine.“ (http://www.mlpd.de/2014/kw33/Aufruf_ICOR_Antikriegstag_2014_RZ.pdf)

Zu dem Artikel von Jacobs im „Rotfuchs“ hat die Kommunistische Initiative (nicht zu verwechseln mit der Kommunistischen Initiative Gera 2010) eine heftige Stellungnahme veröffentlicht, in der erklärt wird: „Russland ist ein imperialistisches Land mit vollständig ‚ausgereiftem‘, aggressivem und ausbeuterischen, ganz gewöhnlichem Kapitalismus.“ (http://kommunistische-initiative.de/index.php/dokumente-der-ki/doukumente/1791-erwiderung-auf-h-jacobs-keine-restauration-klassischer-art-warum-russlands-oligarchischer-kapitalismus-nicht-imperialistisch-ist)

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Lenins Stellung zum Sozialstaat

In den Resolutionen der VI. („Prager“) Gesamtrussischen Konferenz der SDAPR vom 5.-17. (18.-30.) Januar 1912 beschreibt W.I. Lenin seine Haltung zu den staatlichen Sozialversicherungskassen, welche die zaristische Duma u.a. zur Bekämpfung der unabhängigen Arbeiterbewegung verabschieden wollte. Diese grundsätzliche Stellungnahme Lenins lässt sich auch als Strategie gegenüber den heutigen sozialstaatlichen Maßnahmen, Versicherungen, Arbeiterkassen, Sozialgesetzen etc. festschreiben. Diese Texte Lenins finden sich in den Lenin-Werken (LW) Band 17, S. 467-470):

W.I. Lenin:

VI („Prager“) Gesamtrussische Konferenz der SDAPR

Januar 1912

Über die Stellung zu dem Gesetzentwurf der Duma über die staatliche Arbeiterversicherung

I

1- Der Teil der vom Lohnarbeiter produzierten Reichtümer, den er in der Form des Lohns erhält, ist so unbedeutend, daß er kaum ausreicht zur Befriedigung seiner allerdringendsten Lebensbedürfnisse,- der Proletarier ist somit jeder Möglichkeit beraubt, von seinem Lohn Ersparnisse zu machen für den Fall des Verlusts seiner Arbeitsfähigkeit infolge Unfall, Krankheit, Alter, Invalidität sowie auch für den Fall der Arbeitslosigkeit, die untrennbar mit der kapitalistischen Produktionsweise verbunden ist. Darum ist die Arbeiterversicherung für alle die erwähnten Fälle eine Reform, die durch den ganzen Verlauf der kapitalistischen Entwicklung gebieterisch diktiert wird.

2- Die beste Form für die Versicherung der Arbeiter ist ihre staatliche Versicherung, aufgebaut auf folgenden Grundsätzen: a) sie muß die Arbeiter sicherstellen für alle Fälle des Verlustes der Arbeitsfähigkeit (Unfall, Krankheit, Alter, Invalidität; für Arbeiterinnen außerdem Schwangerschaft und Geburt; Versorgung von Witwen und Waisen nach dem Tod des Ernährers) oder für den Fall, daß sie infolge von Arbeitslosigkeit des Lohns verlustig gehen; b) die Versicherung muß alle in Lohnarbeit stehenden Personen und ihre Familien umfassen; c) alle Versicherten müssen entschädigt werden nach dem Prinzip der Vergütung des vollen Lohns, wobei alle Ausgaben für die Versicherung auf die Unternehmer und den Staat entfallen müssen; d) alle Arten von Versicherung müssen von einheitlichen Versicherungsorganisationen verwaltet werden, die nach territorialem Typ und auf dem Prinzip der völligen Selbstverwaltung durch die Versicherten aufzubauen sind.

3- Allen diesen Grundforderungen einer rationell aufgebauten Versicherung widerspricht der von der Reichsduma angenommene Gesetzentwurf der Regierung grundlegend; a) er betrifft lediglich zwei Arten der Versicherung – für Unglücksfälle und Krankheiten,- b) ererfaßt lediglich einen geringen Teil (bei allergünstigster Berechnung ein Sechstel) des Proletariats von Rußland, da er ganze Gebiete (Sibirien, in der Regierungsfassung auch den Kaukasus) und ganze Kategorien von Arbeitern, die der Versicherung besonders bedürfen (Landarbeiter, Bauarbeiter, Eisenhahn-, Post- und Telegrafenarbeiter, Handlungsgehilfen usw.), von der Versicherung ausschließt; c) es werden Bettelpfennige als Entschädigungen festgelegt (die Höchstentschädigung bei vollständiger Verstümmelung beträgt zwei Drittel des Lohns, wobei dieser auf Grundlagen berechnet wird, die niedriger liegen als der wirkliche Lohn), und gleichzeitig wird der größte Teil der Aufwendungen für die Versicherung auf die Schultern der Arbeiter abgewälzt: es ist geplant, die Versicherung nicht nur für den Fall von Krankheit, sondern auch für den Fall „kleiner“ Verstümmelungen – die in der Praxis den größten Teil der Fälle ausmachen – auf Kosten der Arbeiter gehen zu lassen. Diese Neuordnung stellt eine Verschlechterung sogar im Vergleich zu dem heutigen Gesetz dar, das die Entschädigungspflicht für Verstümmelungen ausschließlich den Unternehmern auferlegte; d) sie entzieht den Versicherungsinstitutionen jegliche Selbständigkeit und unterstellt sie der sich überkreuzenden Aufsicht der Beamten (der „Behörden“ und des „Rates für Versicherungsangelegenheiten“), der Gendarmerie, der Polizei (denen außer der allgemeinen Aufsicht das Recht zugestanden wird, die Tätigkeit der Versicherungsinstitutionen im wesentlichen zu lenken, auf ihre personelle Zusammensetzung Einfluß zu nehmen usw.) und der Unternehmer (die Zusammensetzung der Unfallversicherungsgesellschaften ausschließlich aus Unternehmern,- der Typ der Betriebskrankenkassen, die gegen Krankheit versichern; der durch das Statut gewährleistete Einfluß der Unternehmer auf die Krankenkassen usw.).

4- Nur ein solches Gesetz, das den dringlichsten Interessen der Arbeiter aufs gröbste Hohn spricht, konnte eben im gegenwärtigen Augenblick des Wütens der Reaktion das Licht der Welt erblicken, in einer Zeit, da die Konterrevolution herrscht, als Ergebnis langjähriger vorbereitender Unterhandlungen und eines Abkommens der Regierung mit den Vertretern des Kapitals. Die notwendige Voraussetzung für die Verwirklichung einer Versicherungsreform, die tatsächlich den Interessen des Proletariats entspricht, ist der endgültige Sturz des Zarismus und das Erkämpfen der Bedingungen für den freien Klassenkampf des Proletariats.

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Zur faschistischen Bewegung in der Ukraine und Russland

Nachfolgend wird ein Teil eines Flugblattes der Gruppe „Gegen die Strömung“ Nr. 1-2/2022 (Januar-Februar 2022, S. 3-4) mit vielen in der BRD unbekannten Fakten zur faschistischen Bewegung in der Ukraine und Russland abgedruckt, das zuerst auf www.gegendiestroemung.net erschienen ist:

Zur faschistischen bzw. Nazi-Bewegung in der Ukraine

Unabhängig von der Frage, welchen Einfluß diese Gruppierungen in der ukrainischen Geselschaft insgesamt haben, bleibt festzustellen:

Ab 2014 bekam die faschistische bzw. NaziBewegung in der Ukraine einen massiven Aufschwung. Die wichtigsten Akteure waren zu dieser Zeit die Partei „Swoboda“, die auch bei Wahlen zeitweise Erfolge erzielt hatte und ab 2014 an der ukrainischen Übergangsregierung mit vier Ministern u.a. dem Vizepräsidenten, beteiligt war, die paramilitärische Organisation „Rechter Sektor“ sowie die Asow-Bewegung. Alle diese Organisationen stellen sich in die Tradition des Nazi-Kollaborateurs und ukrainischen Faschisten Stepan Bandera und der ukrainischen Nazi-Kollaborateure von der OUN bzw. der UPA-Armee. Diese kämpften nach dem Nazi-Überfall auf die UdSSR ab 1941 an der Seite des Nazifaschismus gegen die Rote Armee und die sowjetischen Partisaninnen und Partisanen und waren an Massenmordaktionen gegen die jüdische und polnische Bevölkerung in der Ukraine beteiligt. Die heutigen Nazis in der Ukraine stellen sich auch in die Tradition der SS-Mörderbande „Galizien“, in der tausende ukrainische Nazi-Kollaborateure kämpften.

Heute ist die Asow-Bewegung politisch und militärisch am einflussreichsten.

Das Asow-Regiment, eine militärisch bewaffnete Nazi-Mörderbande, hatte Anfang 2014 in der Ostukraine an der Seite der ukrainischen Armee einige Monate gekämpft und umfasste da schon Hunderte von Mitgliedern. Das Asow-Regiment wurde im selben Jahr offiziell der Nationalgarde der Ukraine angeschlossen und ist bis heute dem Innenministerium unterstellt. Ab 2019 wurde das Asow-Regiment erneut im Osten der Ukraine eingesetzt mit ca. 1000 Soldaten.(1) Der Innenminister der Ukraine ernannte Wadim Trojan, den Vizekommandanten des Regiments, 2015 zum Chef der Polizei in Kiew und 2019 sogar zum stellvertretenden Leiter der ukrainischen Polizei.(2) Dies sicherte diesen Nazis Finanzierung und Ausrüstung. Angefangen bei militärischer „Grundausrüstung“ bis hin zu schwerer Artillerie und Aufklärungsdrohnen verfügen sie über modernste Kriegsmittel. Die Ausbildung von militärischen Asow-Kadern läuft z.B. auch an der „Hetman Petro Sahaidachny National Army Academy“ (NAA), der renommiertesten Militärschule des ukrainischen Staats. Diese wird auch von westlichen Staaten wie USA oder Deutschland finanziert. Dort tritt seit 2018 eine Nazi-Gruppe mit Verbindungen zu den Asow-Nazis in Aktion.(3)

Schätzungen gehen davon aus, dass die Asow-Bewegung insgesamt auf mindesten 2.500 aktive militärische Nazi-Kader sowie Tausende „Veteranen“ zurückgreifen kann. Insgesamt gibt es in der Ukraine über 80 paramilitärische „Freiwilligen“-Einheiten. Von diesen sind viele pronazistisch bzw. nazistisch eingestellt.(4)

Hinzu kommt die 2016 gegründete politische Partei „Nationalkorps“ sowie eine Nazi-Bürgerwehr („Centuria“), die Teil der Asow-Bewegung ist. Mitglieder der Asow-Bewegung tragen Nazi-Symbole und SS-Runen. Auf Fotos zeigen sie den Hitlergruß sowie auch Hakenkreuz und Nato-Flagge zusammen.(5) Ihr Organisations-Abzeichen besteht aus der Wolfsangel, die auch von der SS, wie der 2. SS-Panzerdivision „Das Reich“, benutzt wurde.

In diesen legalen Organisationen sind Zehntausende organisiert, unterstützt von weiteren Zehntausenden Sympathisanten.(6) Diese Nazis organisieren eigene Verlage für Nazi-Schriften, Nazi-Treffpunkte wie das „Kosaken“- Haus in Kiew, Sommercamps für Jugendliche, Aufmärsche wie z.B. die „Gedenkmärsche“ für den Stepan Bandera in vielen Städten mit zum Teil mehreren Tausend, ja zehntausenden von Teilnehmern. Sie überfallen demokratische Kräfte, terrorisieren die LBGT-Szene in Kiew, wie z.B. mit brutalen Überfällen wie Ende November 2021,(7) sowie Roma-Siedlungen. 2018 gab es allein fünf Angriffe in zwei Monaten gegen Roma-Familien in Lwiw mit einem Nazi-Mord und vielen Verletzten.(8) Internetforen, Chatgruppen, aber auch die „National Socialist Black Metal“-Szene dienen der Asow-Bewegung als Rekrutierungsinstrumente.(9)

Die Asow-Nazis pflegen auch gute Verbindungen zu Nazi-Gruppen europaweit, ob „Nordic Resistance“, ein Zusammenschluss von Nazis aus Schweden, Finnland, Dänemark und Norwegen oder dem „III. Weg“ sowie der „Identitären Bewegung“ aus Deutschland. Das Asow-Regiment bildet auch Nazis aus dem Ausland militärisch aus – auch deutsche Nazis z.B. vom „III. Weg”. Sie nimmt diese auch in ihre eigenen Reihen auf, so dass sie „Kampferfahrung“ erlangen.(10)

Im aktuellen Krieg zwischen dem russischen Imperialismus und dem reaktionären Regime der Ukraine bilden Mitglieder der Asow-Bewegung Freiwillige militärisch aus, versuchen massiv neue Mitglieder zu rekrutieren und kämpfen militärisch an der Seite der ukrainischen Armee.(11)

Quellen:

(1) Colborne, Michael: From the fires of war: Ukraine’s Azov Movement and the Global Far Right, Stuttgart 2022, S. 62 (2) Ebenda, S. 85 (3) https://www.belltower.news (4) Ebenda (5) https://de.crimethinc.com (6) Colborne, Michael: From the fires of war: Ukraine’s Azov Movement and the Global Far Right, Stuttgart 2022, S. 65, 67 (7) https://www.belltower.news/ (8) Ebenda (9) Ebenda (10) Colborne, Michael: From the fires of war: Ukraine’s Azov Movement and the Global Far Right, Stuttgart 2022, S. 121ff., https://antifainfoblatt.de, 7.6.2020 (11) fr.de, 15.2.2022

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Gegen den Krieg

Der Krieg, der kommen wird
Ist nicht der erste. Vor ihm
Waren andere Kriege.
Als der letzte vorüber war
Gab es Sieger und Besiegte.
Bei den Besiegten das niedere Volk
Hungerte. Bei den Siegern
Hungerte das niedere Volk auch.

Bertolt Brecht – (Kriegsfibel)

КОГДА ОТГРЕМЕЛА ПРОШЛАЯ ВОЙНА,

Остались победители и побежденные.
У побежденных простой народ голодал.
Простой народ голодал и у победителей.

Бертольд Брехт

The war which is coming

The war which is coming
Is not the first one. There were
Other wars before it.
When the last one came to an end
There were conquerors and conquered.
Among the conquered the common people
Starved. Among the conquerors
The common people starved too.

Bertolt Brecht – (War Primer)

La guerra que vendrá

La guerra que vendrá
no es la primera.
Hubo otras guerras.
Al final de la última
hubo vencedores y vencidos.
Entre los vencidos,
el pueblo llano pasaba hambre.
Entre los vencedores
el pueblo llano la pasaba también.

Bertolt Brecht – (Catón de Guerra Alemán)

La guerra che verrà

La guerra che verrà
non è la prima. Prima
ci sono state altre guerre.
Alla fine dell’ultima
c’erano vincitori e vinti.
Fra i vinti la povera gente
faceva la fame. Fra i vincitori
faceva la fame la povera gente egualmente.

Bertolt Brecht – (L’Abicí della guerra)

Gelen Savaş

Bu gelen savaş ilk değil.
Çok savaş oldu bundan önce.
Bittiği gün en son savaş
bir yanda yenilenler vardı gene,
bir yanda yenenler vardı.
Yenilenlerin yanında
kırılıyordu halk açlıktan.
Yenenlerin yanında
halk açlıktan kırılıyordu.

Bertolt Brecht – (Savaş Alfabesi)

An die Moralapostel aller Seiten

Anlässlich der bevorstehenden Ostermärsche, an denen die Mehrheit wohl wieder pazifistischen Positionen der (bürgerlichen) Friedensfreunden anhängen wird (mit solchen Losungen wie „Die Waffen nieder!“ oder „Abrüstung statt Aufrüstung!“), möchte ich einen Denkanstoß zum derzeitigen Krieg um die Ukraine mit dem Artikel „An die Moralapostel aller Seiten“ geben. Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitung „Arbeit Zukunft“ der Organisation für den Aufbau einer kommunistischen Arbeiterpartei in der Nr. 4/April 2022, S. 2-3 erschienen (www.arbeit-zukunft.de ):

Moralapostel haben gerade Konjunktur. Denn natürlich kämpfen alle Seiten im Ukraine-Krieg für „das Gute“ und die Gegenseite ist „böse“.

Entnazifizierung?

Da steht auf der einen Seite Putin, der die Ukraine „entnazifizieren“ und „befreien“ will. Das hört sich edel an. Ein wackerer Held gegen den „Faschismus“. Und noch dazu ein „Held“, der sich gegen das Vordringen der NATO verteidigen muss. Es gibt einige „Linke“, die so denken. Da wird von einer „multipolaren Welt“ geredet, die man verteidigen müsse. Russland wird angedichtet, dass es „fortschrittlich“ sei.

Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht haben sich niemals für eine „multipolare Welt“ eingesetzt, sondern gegen den imperialistischen Krieg und insbesondere gegen den eigenen Imperialismus. Hätten sie dann das zaristische Russland gegen seinen bevorstehenden Untergang verteidigen müssen? Nein! Denn sie wussten, die Zukunft gehört nicht dem Imperialismus sondern der Arbeiterklasse und ihrer internationalen Solidarität gegen die Kriege der herrschenden Klasse! Ihre Lösung war der Kampf für Sozialismus, nicht die Parteinahme für den kleineren, schwächeren oder „besseren“ Imperialismus!

Schauen wir uns an, wofür der „fortschrittliche“ Putin real steht.

Wie will jemand die Ukraine „entnazifizieren“, der selbst beste Kontakte zu Nazis und Rechtsradikalen weltweit hat? Putin hat Marine Le Pen von der Front national herzlich empfangen. Es gibt gute Kontakte zu Teilen der AfD und anderen rechtsradikalen Gruppierungen in Deutschland. In Russland gibt es legale militante Nazi-Gruppen wie das Sparta-Battalion, das auch im Donbass kämpft. Solche Gruppen führen alljährlich in St. Petersburg ein europäisches Treffen für Rechtsextreme durch. Und schon 1993 bezeichnete Putin, damals noch zweiter Bürgermeister von St. Petersburg, in einem Vortrag vor deutschen Wirtschaftsvertretern den chilenischen Mörder und Faschisten Pinochet als sein Vorbild. Er unterschied zwischen „krimineller“ Gewalt, die auf die Beseitigung der „Marktwirtschaft“ ziele und einer „notwendigen“ Gewalt, wenn diese private Kapitalinvestitionen fördere und schütze. Das wurde übrigens damals von anwesenden deutschen Firmenvertretern und dem stellvertretenden deutschen Generalkonsul mit freundlichem Beifall aufgenommen. (Quelle: Neues Deutschland, 31.12.1993) Unter Kapitalisten war man sich einig, dass Gewalt und Diktatur zum Schutz des Kapitals notwendig ist.

Putin ist wütender Antikommunist. Aktuell hat er Lenin und Stalin sowie die ehemalige Sowjetunion wegen ihrer Nationalitätenpolitik angegriffen. Es sei „Verrat“ gewesen, der Ukraine den Status einer eigenständigen Sowjetrepublik und eine nationale Identität zu geben. Die friedliche Lösung der nationalen Frage, wo jede Nationalität im Rahmen der Union sich selbst verwalten und ihre Kultur pflegen konnte, gefällt ihm nicht. Putin hat sehr deutlich gemacht, dass das alte zaristische Reich sein Ziel ist. Lenin bezeichnete das Zarenreich als Völkergefängnis! Die Bolschewiki verteidigten hingegen das Recht einer jeden Nationalität auf Selbstbestimmung bis hin zur Loslösung. Sie wollten keine gewaltsame Lösung nationaler Fragen, da das nur zu Hetze, Hass, nationaler Spaltung führt und vom Kampf für den Sozialismus ablenkt.

Putin ist Repräsentant des Kapitals in Russland. In unserer Broschüre „Russland – antiimperialistische Friedensmacht oder kapitalistisch-imperialistische Großmacht?“ heißt es:

Der reichste Mann Russlands, Alexei Mordaschow, hat ein Vermögen von 29,1 Milliarden US-Dollar und liegt damit auf Platz 51 der Forbes- Liste der reichsten Personen. Ihm folgt Wladimir Potanin mit 27 Mrd. US-Dollar, Wladimir Lissin mit 26,3 Mrd. US-Dollar, Wagit Alekperow mit 24,9 Mrd. US-Dollar usw. usf. Solche Reichtümer, das wissen wir als Kommunisten und das wissen auch die Arbeiter, Angestellten, das ganze Volk, stammen nicht aus ehrlicher Arbeit, sondern aus Ausbeutung und kriminellen Machenschaften. Im Falle Russlands stammen diese Vermögen vor allem aus dem privatisierten Volkseigentum. Und um es deutlich zu sagen, es handelt sich hier um Finanzkapital – ein wesentliches Kennzeichen eines imperialistischen Staates!“

Russland hat nach dem Zerfall der ehemals sozialistischen Sowjetunion dramatisch an Einfluss verloren. Müssen wir dann auf der Seite des russischen Kapitals stehen, weil es im internationalen Konkurrenzkampf der imperialistischen Großmächte verliert? Die Kapitalisten können sich schon selber wehren und machen das auch. Das zeigt aktuell der Ukraine-Krieg. Aber schon vorher hat die Großmacht Russland beispielsweise in Syrien dem US-Imperialismus und seinen Verbündeten zumindest eine Teilniederlage zu gefügt. Ebenso haben sie in Afghanistan in Zusammenarbeit mit der Großmacht China dem US-Imperialismus und seinen Verbündeten wie Deutschland eine dramatische Niederlage verpasst. Die Taliban konnten sich keine Waffen backen, sie mussten sie kaufen. Über verdeckte Kanäle haben die Konkurrenten der USA geliefert. Auch in seinem eigenen Machtbereich, ob Tschetschenien, Weißrussland oder anderen Regionen, das kapitalistische Russland hat immer wieder massiv mit Waffen dafür gesorgt, dass es die Kontrolle über seinen Machtbereich behält.

Es ist daher deutlich und klar: Die Großmacht Russland kämpft für die Interessen des russischen Kapitals, nicht für „Fortschritt“, „Freiheit“ oder „Antifaschismus“.

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