AVEG-KON – Staatsterror in der Türkei wenige Tage vor den Wahlen und einen Tag vor den 1 Mai-Veranstaltungen

Nachfolgend spiegle ich eine Erklärung der Konföderation der unterdrückten Migrant/innen in Europa (AVEG-KON) zur politischen Situation vor den Wahlen und politischer Verfolgung in der Türkei:

In der Türkei nimmt wenige Tage vor den Parlamentswahlen zum 14. Mai der Staatsterror in Form von Verhaftungen und Ausreiseverboten durch gefälschte und erfundene sogenannte “geheimen Zeugenaussagen” zu. Der AKP-Faschismus möchte seine Wahlniederlage durch die Inhaftierung seiner Gegner:innen verhindern. Die erste Inhaftierungswelle begann vor einigen Tagen gegen die oppositionelle kurdische Presse, freie Kultur- und Kunstschaffende und kritische Intellektuelle und wird heute gegen die Gegenkandidat:innen der Grünen Linkspartei (Yeşil Sol Parti) und der ESP (Sozialistische Partei der Unterdrückten) und dem Nachrichtenportal ETHA (Etkin Haber Ajansı) fortgesetzt.

Unter den Bedingungen des Faschismus wäre es zu naiv, vor den Wahlen demokratische und gleichberechtige Bedingungen zu erwarten. Bei den Wahlen prallen zwei Seiten aufeinander. Die eine Seite will ihre Politik der Willkür, Vetternwirtschaft und des Krieges um jeden Preis fortsetzen, sie ist durch ihre Politik während der Erdbeben für den Tod von so vielen Menschen verantwortlich, weil sie sogar die Erdbebensteuer unterschlagen hat und für ihren Reichtum den Tod von so vielen Menschen in Kauf genommen hat. Die andere Seite will Demokratie, Gleichheit und Freiheit. Sie stiehlt nicht – sie teilt. Sie lügt nicht – sie deckt Ungerechtigkeiten auf. Sie möchte die Geschwisterlichkeit der Völker und Frieden statt Krieg.

Da der AKP-Faschismus seine eigenen Verbrechen genau kennt, will er die Stimmen seiner Gegner:innen vor den Wahlen und insbesondere vor dem 1. Mai, der in der Türkei zehntausende kritische Stimmen auf die Straße bringt, zum Schweigen bringen. Deswegen wurde der Verhaftungsterror, den die AKP einigen Tagen zuvor gegen Journalist:innen, Kulturschaffende und Intellektuelle begann, heute fortgesetzt:

Die Namen der heute Verhafteten lauten wie folgt:
1. Şahin Tümüklü (ESP Co-Vorsitzender) / 2. Nadiye Namoğlu Gürbüz (ETHA-Redakteurin) / 3. Uğur Ok (Mitglied des ESP – Parteirates) / 4. Burcu Ayyıldız (Kandidatin der Grünen Linkspartei Istanbul) / 5. Meryem Yıldırım (Kandidatin der Grünen Linkspartei Izmir) / 6. Müslüm Koyun (Kandidat der Grünen Linkspartei Eskişehir) / 7. Serdal Işık / 8. Leyla Can / 9. Sadrettin Polat / 10. Selfinaz Göçmen / 11. Hasan Polat / 12. Sinem Çelebi / 13. Kalender Polat / 14. Merve Havalı / 15. Bedran Çoğaltay / 16. Adnan Özcan / 17. Ebrar Uz / 18. F. Deniz Kanpolat / 19. Tuncay Yıldırım Özen / Sude Çağlar, Deniz Konak

Alle Kräfte, welche die Wahlarbeit der Grünen Linkspartei in Europa unterstützen, müssen heute Flagge zeigen. Je mehr wir die begangenen Ungerechtigkeiten entlarven und der Öffentlichkeit das wahre Gesicht des Faschismus zeigen, desto mehr haben wir die Chance, den Faschismus zurückzudrängen und zu besiegen. Es ist notwendig, dass wir unsere Ablehnung gegen die Ungerechtigkeiten und antidemokratischen Praktiken vor den Parlamentswahlen am 14. Mai und vor dem 1. Mai auf die Straße tragen. Wir dürfen gegen Unterdrückung und Willkür nicht schweigen!

Schulter an Schulter gegen den Faschismus!
Es lebe die Geschwisterlichkeit der Völker!

Konföderation der unterdrückten Migrant/innen in Europa (AVEG-KON)

Quelle: http://www.avegkon.com/2023/04/30/aveg-kon-staatsterror-in-der-turkei-wenige-tage-vor-den-wahlen-und-einen-tag-vor-den-1-mai-veranstaltungen/

Die Woge geglättet

Nachfolgend wird ein Beitrag aus der linken Tageszeitung „junge Welt“ vom 29. April – 1. Mai 2023, S. 3 gespiegelt. Hierin wird konkret am von der Führung der DGB-Gewerkschaft ver.di akzeptierten Schlichterspruch dargestellt, dass diese Art von Gewerkschaften nicht einmal mehr die grundlegenden wirtschaftlichen Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter, die sie angeblich vertreten, verteidigen: Selbst bürgerliche Ökonomen bescheinigen ver.di, dass sie für ihre Mitglieder nurmehr Reallohnverluste und schlechtere Arbeitsbedingungen in ihren Tarifverhandlungen durchsetzen. Ganz weit entfernt sind sie so von solchen Forderung: „Gewerkschaften tun gute Dienste als Sammelpunkte des Widerstands gegen die Gewalttaten des Kapitals. Sie verfehlen ihren Zweck zum Teil, sobald sie von ihrer Macht einen unsachgemäßen Gebrauch machen. Sie verfehlen ihren Zweck gänzlich, sobald sie sich darauf beschränken, einen Kleinkrieg gegen die Wirkungen des bestehenden Systems zu führen, statt gleichzeitig zu versuchen, es zu ändern, statt ihre organisierten Kräfte zu gebrauchen als einen Hebel zur schließlichen Befreiung der Arbeiterklasse, d.h. zur endgültigen Abschaffung des Lohnsystems.“ (Karl Marx, Lohn, Preis und Profit, 1865)

Die Woge geglättet

Schlichtung statt Streik: Tarifrunde für Beschäftigte im öffentlichen Dienst bringt Ergebnis mit Reallohnverlust

Von David Maiwald

Der zweite große Tarifkampf im laufenden Jahr ist wohl befriedet. Die Gewerkschaft Verdi akzeptierte in der Tarifauseinandersetzung mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes am vergangenen Wochenende im wesentlichen die Schlichtungsempfehlung als Tarifvertrag. Schon im März hatte Verdi trotz eines Mitgliedervotums von rund 86 Prozent für unbefristete Streiks bei der Deutschen Post in eilig anberaumten Verhandlungen das Angebot des ehemaligen Staatskonzerns akzeptiert. Die Gewerkschaft konnte nun zum zweiten Mal ohne einen Erzwingungsstreik als Mittel zu Rande kommen.

Die Tarifkämpfe im öffentlichen Dienst sowie bei Deutscher Post und Deutscher Bahn haben das erste Quartal 2023 geprägt. Verdi-Chef Frank Werneke erklärte Ende März, bundesweit habe Verdi im Zuge der Tarifauseinandersetzung für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten circa 70.000 neue Mitglieder gewonnen. An den Warnstreikaktionen vor der Schlichtung beteiligten sich nach Angaben der Gewerkschaft rund 500.000 Menschen.

Da Verdi zeitgleich etwa mit der Eisenbahnergewerkschaft EVGTeilen der Klimabewegung sowie am Internationalen Frauenkampftag besonders im Sozial- und Erziehungsdienst streikte, während die Gewerkschaftsführung öffentlich Worte wie »Urabstimmung« in den Mund nahm, war von »konfliktfreudigerem« und »aggressiverem« Auftreten der Gewerkschaften, sogar von einer neuen »Streikwelle« zu lesen. Angesichts dieser Entwicklung forderten Kapitalvertreter wie der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, postwendend schärfere Reglementierungen. Sein Vorsitzender Rainer Dulger sah im Süddeutsche-Interview am Montag ob der »Massivität des Vorgehens« gar »etwas aus der Balance geraten«.

Soviel zur Folklore. Wie schon beim Post-Tarifabschluss sollen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst laut Schlichterspruch für die ersten 14 der 24 Monate Laufzeit insgesamt 3.000 Euro Inflationsprämie (arbeitszeitanteilig) ausgezahlt bekommen. Die ersten 1.240 Euro davon schon im Juni. Bis Februar 2024 gibt es dann monatlich jeweils 220 Euro. Ab März 2024 folgt ein tabellenwirksamer Sockelbetrag von monatlich 200 Euro brutto mehr sowie eine Erhöhung von 5,5 Prozent des so erreichten Betrages – mindestens aber 340 Euro brutto. Die ursprüngliche Forderung von Verdi und Beamtenbund hatte bei 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Geld bei einer Laufzeit von zwölf Monaten gelegen: Dass die Tarifeinigung bei der Post ihre Schatten für ein Ergebnis im öffentlichen Dienst vorauswerfen würde, hat sich bewahrheitet.

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Am 1 Mai gegen Armut und Kriegstreiberei!

Nachfolgend wird der Aufruf der „Föderation der Arbeitsmigrant/innen in Deutschland e.V.“ (AGIF) zum 1. Mai 2023 gespiegelt:

Am 1. Mai gegen Armut und Kriegstreiberei!

Seit mehreren Jahren verschärft sich die soziale Lage in Deutschland. Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg werden als Vorwand genommen die Lebensmittelpreise und die Lebenshaltungskosten in die Höhe zu treiben und so den Reichsten der Reichen Extraprofite zu garantieren. Das Resultat ist, dass einerseits die Reichen noch reicher geworden sind und die Armen trotz täglicher Arbeit nicht mehr über die Runden kommen können. Während Mineralölkonzerne und Lebensmittelmogule seit mehreren Quartalen unglaubliche Extraprofite einfahren, können alte Menschen nicht mehr von ihrer Rente leben. Alleinerziehende Mütter werden mit ihren Kindern ins Elend getrieben. Jugendliche haben Schwierigkeiten Ausbildungsplätze zu finden und sind mit einer perspektivlosen Zukunft konfrontiert.

Die Geschichte Deutschlands hat uns mehr als deutlich gezeigt, dass eine Militarisierung der Innen- und Außenpolitik die Eigentumsverhältnisse für die Arbeitenden verschlechtert. Nur die Waffenindustrie und das Großkapital hat sie Vorteile gebracht. Trotzdem triefen die Mainstream-Medien nur so vor Forderungen nach mehr Militarisierung durch Waffenexporte und der aktiven Teilnahme an dem Kriegsgeschehen. Die neuen investigativen Enthüllungen zeigen offen, dass die NATO-Staaten schon heute als Kriegspartei gewertet werden können und wir am Rande eines dritten Weltkrieges stehen.

Die Militarisierung der deutschen Innen- und Außenpolitik hat uns bis jetzt nie was Gutes gebracht, sondern ausschließlich Ausbeutung, Unterdrückung, Krieg und Elend. Unsere Forderungen zum 1. Mai muss sein:

Nein zur Militarisierung !

Kampf dem imperialistischen Krieg !

Ausgleich der Löhne zur Inflation und reelle Lohnerhöhung !

Quelle: http://www.facebook.com/AgifHaber

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Verdi verhandelt Reallohnsenkung im öffentlichen Dienst

Nachfolgend wird ein Kommentar zum neuen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, der zuerst auf http://www.perspektive-online.net veröffentlicht wurde, gespiegelt:

Ein neuer Tarifvorschlag steht im öffentlichen Dienst. Das Ergebnis vom 23.4 weicht stark von den Forderungen der Arbeiter:innen ab. Ver.di ruft ihre Mitglieder trotzdem auf, dem Vorschlag bis zum 15. Mai zuzustimmen. Die Innenministerin meint, es sei ein faires und gutes Angebot. – Ein Kommentar von Fridolin Tschernig

Ver.di, der Deutsche Beamtenbund und der Ausbeuter im öffentlichen Dienst, der Staat, legten letzte Nacht den Arbeiter:innen ein Angebot vor. Es war die vierte Verhandlungsrunde, in der jetzt folgendes Angebot beschlossen wurde:

  • 1.240 Euro steuerfreie Einmalzahlung wird im Juni dieses Jahr ausgezahlt (Azubis 620 Euro),
  • 220 Euro Einmalzahlung dann pro Monat von Juli 2023 bis Februar 2024 (Azubis 110 Euro)
  • Ab März 2024 wird der Lohn von allen Arbeiter:innen im öffentlichen Dienst um 200 Euro +5,5% angehoben (Azubis 150 Euro)
  • Die Laufzeit beträgt 24 Monate bis einschließlich Dezember 2024

Die 2,5 Millionen Arbeiter:innen erwartet so durchschnittlich eine Lohnerhöhung von rund 420 Euro (11,5%) ab März 2024.

„Kompromiss“ erst in der 4. Verhandlungsrunde

Dieser Tarifvertragsvorschlag ist deckungsgleich mit dem Vorschlag der Schlichtungskommission. Diese wurde nach der 3. Verhandlungsrunde eingeschaltet, damit dem Staat noch größere Streiks erspart bleiben. Denn während die Verhandlungskommission überlegte, wie man die Arbeiter:innen am besten beruhigen könne, herrschte 2 Wochen Friedenspflicht.

Zuvor waren flächendeckende Streiks von Ver.di durchgeführt worden, mit einer Beteiligung von über 700.000 Arbeiter:innen. Das hatte zeitweise länderübergreifend den öffentlichen Nahverkehr lahmgelegt und den Arbeiter:innen gezeigt, wozu sie fähig sind. Viele von ihnen wären auch bereit gewesen, in einen unbefristeten Streik zu gehen.

Das wehrte das Kapital mit Hilfe von Ver.di nun ab. Zumindest, wenn man die mediale Hetzjagd gegen die Streikenden der letzten Monate ernst nimmt, müssen die einfachen Warnstreiks zuvor schon eine kleine Revolution gewesen sein.

Hält die Ver.di die eigenen Mitglieder zum Narren?

Nüchtern betrachtet ist das Ergebnis, was jetzt steht, trotz der vielen Streiks zuvor, kein Erfolg. Die eigentliche Tarifforderung der Arbeiter:innen von 10,5% Lohnerhöhung aber mindestens 500 Euro bei 12 Monaten Tariflaufzeit wurde nicht erfüllt.

Stattdessen kommt die wirkliche Lohnerhöhung erst nächstes Jahr und dann nicht mal ausgleichend zur Inflation der letzten Jahre und der noch kommenden Zeit. Dazu gibt es satte 24 Monate, jetzt noch 20 Monate, Friedenspflicht. Jeder Inflationspunkt der nächsten 2 Jahre, ist somit Lohnsenkung durch die Hintertür.

Bis zum 15. Mai können jetzt die Mitglieder entscheiden, ob sie dem Aufruf von Ver.di folgen und dem Ergebnis zustimmen, oder eben nicht.

Ver.di– Chef Frank Werneke beteuerte in der heutigen Pressekonferenz, man hätte sich eine kürzere Laufzeit gewünscht. Eine kürzere Friedenspflicht hätten sich die Ver.di-Mitglieder und schuftenden Arbeiter:innen im öffentlichen Dienst auch gewünscht. Der Ver.di– Boss war es aber, der für Gewerkschaft die Verhandlungen übernommen hatte. Warum hat er dann nicht seinen dringenden „Wunsch“ in die Tat umgesetzt?

Die Verhandlungsführerin des Bundes, Innenministerin Nancy Faeser, spricht ebenso von einem „guten und fairen“ Tarifangebot. Dass sich beide in ihren Ausführungen ähneln und ihr Geschwafel denselben bitteren Nachgeschmack hinterlässt, das ist für Ver.di– Mitglieder mittlerweile ganz normal.

Es ist und bleibt die alte Leier: Wieder mal keine wirkliche Lohnerhöhung, nicht mal ein wirklicher Inflationsausgleich, dafür wären 17% Lohnerhöhung notwendig gewesen. Dafür hat Ver.di den Erzwingungsstreik wieder erfolgreich verhindert. Das Kapital dankt.

Quelle: http://www.perspektive-online.net/2023/04/ver-di-verhandelt-reallohnsenkung-im-oeffentlichen-dienst/

Peter Hacks zu den braunen Grünen

„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!“ (Bert Brecht)

Soziale Funktion und soziale Basis des Faschismus

Der Inhalt der faschistischen Ideologie ist Massenbetrug, und dazu nimmt sie alles, was sich anbietet, inklusive halbwahrer Kerne und Pseudo-Antikapitalismus, um diejenigen, deren Interessen der Faschismus widerspricht, einzubinden.

Das ist in der Sprache marxistisch-leninistischer Dialektik: der unaufhebbare Widerspruch von Klasseninhalt und Massenbasis des Faschismus. Es wurde vielfach beschrieben: Die Ideologien des Faschismus sind ein zusammengewürfeltes Gemisch chauvinistischer, sozialdarwinistischer, herren-rassistischer, irrationaler, mystizistischer und sozialdemagogischer „Theorien“.

Dazu zählt übrigens auch der Neo-Malthusianismus seit dem XX. Jahrhundert, also die unwissenschaftliche „Bevölkerungslehre“, wonach das Bevölkerungswachstum nach ewigen Naturgesetzen vor sich gehe, und die Menschheit unweigerlich schneller wachse als die Produktion von Nahrungs- und Produktionsmitteln, was erwiesenermaßen Unsinn ist und heute, schon verzweifelt penetrant, als Rechtfertigung für die Produktivkraftzerstörung durch die Finanzbourgeoisie vorgeschoben wird. Das führt auch die Eugenik im Schlepptau. Vieles davon ist uns seit Beginn der 1970er Jahre vom Club of Rome mit seiner ‚Studie‘ „Die Grenzen des Wachstums“ wieder aufgetischt worden und erfährt seine Fortführung in „Green New Deal“ oder „Great Reset“. Die Gründung der Grünen wäre ohne das nicht denkbar gewesen.

Häufig bedient sich faschistische Ideologie auch bei Elementen der Sozialdemokratie, vor allem ihren diversen Konzepten der Klassenzusammenarbeit. In dem Zusammenhang sollten wir auch die korporativen oder ständischen Ideologien beachten, die der Zersplitterung der Arbeiterklasse dienen und damit deren Entwaffnung im Sinne der Faschisierung befördern. Das läuft seit längerem gerne verschleiert durch die Einstiegsdroge harmlos klingender Propagandaworte wie „bunt“, oder „Vielfalt“, oder „divers“. Eindeutig liegt diese Spaltungsmethode vor, wenn unter einer Generaloffensive gegen die Arbeiterklasse als ganze dann nur Pflegepersonal und Kassierer in Supermärkten ihre symbolischen Sonderapplause erhalten. Man wird übrigens niemals erleben, dass bei solchen Applaus-Veranstaltungen die sorgfältig aus dem Blick genommene Produktionssphäre erscheint.

Antifaschismus heute

Für eine antifaschistische Strategie ist es äußerst wichtig zu erkennen, wo die Kräfte herangereift sind, die die reaktionärsten Kreise für Faschismus und Krieg ausbauen und einsetzen könnten. Diese Gedanken machte sich 1992 auch der kommunistische Dichter Peter Hacks. Die Frage stand nach der Konterrevolution: „Was könnte die Organisation sein, die die Faschisierung in die nächste Etappe oder zum Ziel trägt?“. Hacks‘ Antwort fiel so aus:

Alle kapitalistischen Parteien sind ein Federbett und ein Hintergrund und ein Nährboden, aber sie sind nicht geeignet, die Organisation hervorzubringen. Sondern dafür braucht man zunächst eine Splittergruppe, die sich entschließt, dieses Geschäft zu übernehmen. Ich nehme an, in Deutschland werden es die GRÜNEN und dieses sogenannte Bündnis 90 sein. Also, es werden nicht die Nazis von Herrn Frey und es werden nicht die Nazis von Herrn Schönhuber sein, sondern es werden die sein. (…) was ich versuche zu sagen, gucken Sie, auch Herr Hitler war natürlich ein Wurmfortsatz der Deutschnationalen und der Harzburger Front. Aber seine Partei wurde die Nazipartei, und die ganzen Leute blieben im Hintergrund und abserviert und wurden im Horst-Wessel-Lied noch als Reaktion angepöbelt. Also die sind der Schoß, aber der Schoß ist nicht die Sache. Und die Sache muß irgendwo aus einer Keimzelle keimen. (…) das ist ein Gesetz: Wer einmal geschlagen ist, kann nicht unter dem selben Namen wiederkommen. Der braucht eine neue Maske. (…) Deswegen glaub ich auch, das eben in Deutschland nicht die beiden Nazi-Parteien die Keimzelle werden, sondern jemand, auf den man nicht kommt. Und diese weinenden Kleinbürgerorganisationen, die gegen alles sind, was ist mit Recht, und überhaupt nicht wissen, wofür sie sind, die eignen sich. (…) Es ist ein bißchen Prophezeiung drin. Wir werden es sehen.“ (Peter Hacks, Marxistische Hinsichten. Politische Schriften 1955-2003, Eulenspiegel Verlag, 2018, S. 302-303)

Wer mehr (und aktuelles) Anschauungsmaterial zur Funktion des grünen Bündnis`90/Die NATO braucht, der sei auf folgende Bücher aufmerksam gemacht:

  • Gerd Schumann: Wollt ihr mich oder eure Träume? Joschka Fischer. Ein Nachruf, Eulenspiegel Verlag, Berlin, 2021
  • Jutta Ditfurth (eine anti-Stalin Öko-Sozialistin, die aber doch Interessantes über ihre ehemalige Partei zu berichten weis): Krieg, Atom, Armut. Was sie reden, was sie tun: DIE GRÜNEN, Rotbuch Verlag, Berlin, 2011

137 Geburtstag Ernst Thälmanns

Anlässlich des 137. Geburtstages des ruhmreichen Vorsitzenden der KPD ERNST THÄLMANN am 16. April 2023, werden hier einige Materialien veröffentlicht, die über das Leben von Ernst Thälmann sowohl biographisch, als auch politisch berichten:

„Ernst Thälmann – Sein Vorbild führt uns zusammen, es ist die große, begeisternde, sammelnde Kraft, der sich jeder freiwillig unterordnet und einreiht, spürt doch jeder darin sich selbst wachsen und dem Tag der Freiheit, von dem er träumt, rascher näherrücken. Thälmann: Abbild der Kraft seiner Klasse und ihr Vorbild.“ (Johannes R. Becher, 1936)

Thälmann Lied

Werke von Ernst Thälmann (Link)

  • Die illegale Tagung des ZK der KPD am 7. Februar 1933 in Ziegenhals bei Berlin, Berlin/DDR, 1984 (Link zum Kauf)

„Das Kabinett Hitler-Hugenberg-Papen ist die offene faschistische Diktatur. Was die Zusammensetzung der Regierung anbetrifft, so kann es in Deutschland eine weitere Steigerung in Richtung des offenen Faschismus kaum mehr geben. […] Es ist der Bourgeoisie Ernst damit, die Partei und die ganze Avantgarde der Arbeiterklasse zu zerschmettern. Sie wird deshalb kein Mittel unversucht lassen, um dieses Ziel zu erreichen. Also nicht nur Vernichtung der letzten spärlichen Rechte der Arbeiter, nicht nur Parteiverbot, nicht nur faschistische Klassenjustiz, sondern alle Formen des faschistischen Terrors; […] Schon die ersten Taten der Hitlerregierung beweisen den ganzen tiefen Ernst der Situation. Es wäre ein Verbrechen, irgendwelche legalistischen Illusionen in unseren Reihen zu dulden. Wir müssen in der ganzen Arbeiterklasse darüber Klarheit schaffen, dass es wahrscheinlich keine andere Art der Ablösung dieser Regierung geben kann, als ihren revolutionären Sturz.“ (Ernst Thälmann auf der illegalen Tagung des ZK der KPD in Ziegenhals)

Biographisches über Ernst Thälmann:

  • Willi Bredel: ERNST THÄLMANN – Ein Beitrag zu einem politischen Lebensbild, Berlin/DDR, 1950
  • Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED: ERNST THÄLMANN. Eine Biographie, 2 Bände, Berlin/DDR, 1980
  • Kuratorium „Gedenkstätte Ernst Thälmann“ e.V.: ERNST THÄLMANN. Autobiographische Aufzeichnungen geschrieben in faschistischer Haft. ZWISCHEN ERINNERUNG UND ERWARTUNG, Hamburg, 1994
  • Eberhard Czichon und Heinz Marohn unter Mitarbeit von Ralph Dobrawa: THÄLMANN – Ein Report, 2 Bände Berlin, 2010

Politisches über Ernst Thälmann:

  • Aus: Walter Ulbricht: Die Nachkriegskrise in Deutschland und die Ereignisse des Jahres 1923. In: Walter Ulbricht, Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Band I, Berlin/DDR, 1953, S. 130-154:
    • Die revolutionäre Krise im Herbst 1923
    • Die „Arbeiterregierungen“ in Sachsen und Thüringen
    • Der Hamburger Aufstand unter Führung Ernst Thälmanns
    • Nach der Niederlage im Oktober 1923
    • Stalins Ratschläge an Genossen Thälmann
  • Walter Ulbricht: Ernst Thälmanns Vermächtnis. In: Walter Ulbricht, Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Band I, Berlin/DDR, 1953, S. 653-663
  • Werner Raase: Ernst Thälmanns revolutionäre Gewerkschaftspolitik, Berlin/DDR, 1953
  • Erich Honnecker: Das revolutionäre Volk ist unaufhaltsam und siegreich. In: Erich Honnecker, Reden und Aufsätze Band 2, Berlin/DDR, 1983, S. 526-529
  • Agitationsbroschüre der KPD/AO zum 30. Jahrestag der Ermordung Ernst Thälmanns am 18. August 1944: VORWÄRTS IM GEISTE ERNST THÄLMANNS!, Verlag Rote Fahne, Berlin/West, 1974
  • Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ) Sondernummer: Sohn unserer Klasse. 100 Jahre Ernst Thälmann, München, 1986

DEFA-Film über Ernst Thälmann aus den Jahren 1954 und 1955, sowie 1986:

Ernst Busch singt das Lied „Thälmann-Kolonne“ der Internationalen Brigaden der Kämpfer für die spanische Republik (Link)

Oktober 1923 – 100 Jahre Hamburger Aufstand

Im Oktober diesen Jahres jährt sich der Hamburger Aufstand zum 100. Mal. Grund genug, um sich die historischen Umstände und die Lehren dieses Aufstandes der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) gegen den kapitalistischen Staat im Hamburg des Jahres 1923 genauer anzusehen. Der Hamburger Aufstand (vom 23. Oktober 1923) markiert den Schlusspunkt der revolutionären Nachkriegskrise, die mit der deutschen Novemberrevolution 1918 begann. Ernst Thälmann schreibt dazu am 10. Jahrestag der Novemberrevolution:

Die Tragödie der deutschen Revolution im Jahre 1918, in den Januarkämpfen 1919, in den Kämpfen gegen den Kapp-Putsch 1920, den Märzkämpfen 1921, bis zur letzten Welle der akuten revolutionären Situation, dieser ersten Periode, im Oktober 1923 – sie bestand aus dem Zwiespalt zwischen den objektiven ausgereiften revolutionären Verhältnissen einerseits und der subjektiven Schwäche des deutschen Proletariats, hervorgerufen durch das Fehlen einer zielklaren bolschewistischen Partei andererseits.“ (Ernst Thälmann, 9. November 1918 – die Geburtsstunde der deutschen Revolution. In: Reden und Aufsätze zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Band 2, Berlin/DDR, 1953, S. 13)

Im Artikel „Lehren des Hamburger Aufstandes“ schreibt Ernst Thälmann (In: Reden und Aufsätze der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Band 1, Berlin/DDR, 1953, S. 254-264):

Ernst Thälmann:

Die Lehren des Hamburger Aufstandes

Heute vor zwei Jahren, am 23. Oktober 1923, stieg Hamburg auf die Barrikaden. Getrieben vom Elend der Inflationszeit, gedrängt von der unerhörten Not der werktätigen Massen, getragen vom Geiste des Bolschewismus griff der beste, revolutionärste Teil der Hamburger Arbeiterschaft zum Gewehr und nahm den Kampf gegen die kapitalistischen Unterdrücker auf.

Zwei Jahre sind seit dem 23.Oktober 1923 vergangen. Vieles hat sich inzwischen in Deutschland und in der ganzen Welt geändert. Wir, die Kommunisten, sind geschlagen worden und mit uns die ganze deutsche Arbeiterklasse. Die Stabilisierung des bürgerlichen Deutschlands ist in gewissem, begrenztem Umfange gelungen. Die Bourgeoisie schöpft neue Hoffnung. Das Proletariat durchlebte ein Jahr der Entmutigung und des Rückzuges. Wenn wir heute der zweijährigen Wiederkehr des Hamburger Straßenkampfes gedenken, so geschieht das nicht aus dem bloßen Anlaß, daß der Kalendertag des 23. Oktober wiederkehrt. Jubiläen sind für die Kommunisten und den klassenbewußten Teil des Proletariats nicht leere Gedenktage, sondern Richtlinien für den Klassenkampf, Leitfäden für die Aktion. Gerade die politische Situation, in der wir heute stehen, fordert mit gebieterischem Zwang von uns, daß wir die geschichtliche Bedeutung und die Lehren des Hamburger Aufstandes vollkommen klar erkennen.

Was waren die Ursachen des Hamburger Kampfes? War es nur die Agitation der Kommunisten, waren es die Beschlüsse illegaler Geheimorgane, wie die bürgerlichen Gerichte behaupten? Nein! Die Ursachen liegen tiefer. Der Aufstand entsprang weder dem blinden Zufall noch dem freien Willen von ein paar Verschwörern. Der Hamburger Aufstand entsprang der revolutionären Situation vom Herbst 1923.

Der Herbst 1923 brachte die tiefste, ganz Deutschland umfassende, alle Schichten und Klassen der Bevölkerung ergreifende Krise der Bourgeoisie. Der Ententeimperialismus hatte seine Zerstörungsarbeit vollendet. Der zehn Monate lange Ruhrkrieg war für die deutsche Bourgeoisie verloren. Die Markwährung, die beim Regierungsantritt des Reichskanzlers Cuno auf 8000 stand, stieg später auf eine Billion. Die Arbeiter konnten für ihre Löhne nichts mehr kaufen. Sogar „die treuesten Diener des Staates”, die Beamten, begannen zu rebellieren. Die Mittelschichten waren ruiniert. Das Gespenst des Hungers schritt durch Deutschland.

Machtlos standen die Regierungen der Bourgeoisie dem Zerfall gegenüber. Stresemann, der damalige Reichsaußenminister, erklärte nach dem Cuno-Streik, „daß seine Regierung die letzte bürgerliche Regierung in Deutschland sein werde”.

Bereits im Frühjahr 1923 begannen riesenhafte Streikbewegungen im Ruhrgebiet und in Oberschlesien., neue Wellen des Klassenkampfes rollten in ganz Deutschland heran. Die Arbeiter kämpften noch nicht um die Macht, sondern nur um die dringendsten Tagesforderungen, um die Beseitigung der brennendsten Not. Der Kampf vollzog sich noch vorwiegend in „friedlichen” Formen. Während die rechten Sozialdemokraten, die Sollmann und Severing, bereits im Bunde mit den Reichswehrgeneralen und den Polizeipräsidenten zur blutigen Niederschlagung des Proletariats rüsteten, setzten die „linken” Sozialdemokraten alles daran, die Arbeiterschaft wehrlos zu machen, sie am Machtkampf zu hindern, sie mit Phrasen abzuspeisen, sie auf die „friedlichen”, parlamentarischen Kampfformen der Vorkriegszeit zurückzudrängen. Aber die Logik von fünf Revolutionsjahren war stärker als die Schurkerei der rechten und die Feigheit der „linken” sozialdemokratischen Führer.

Vom Moment des Sturzes der Cuno-Regierung an sprang der Funke des Bürgerkrieges durch Deutschland. Schon vorher war an der Ruhr, in Hannover, in Oberschlesien, in Bayern und anderen Teilen Deutschlands geschossen worden. Jetzt wurde es mit jedem Augenblick klarer, daß eine friedliche Entscheidung nicht mehr möglich war. Der erbarmungslose, gewaltsame Kampf zwischen Klasse und Klasse wurde unvermeidlich. Aus den Streiks wurden Zusammenstöße, aus den Kundgebungen wurden blutige Kleinkämpfe zwischen Arbeitern und Polizei in Dutzenden deutscher Städte. Es kam der Augenblick, in dem sich zeigte, wie Lenin in seinen „Lehren des Moskauer Aufstandes” im Jahre 1906 sagte: „…daß sich der Generalstreik als selbständige und Hauptkampfform überlebt hat, daß die Bewegung mit elementarer, unwiderstehlicher Kraft diesen engen Rahmen durchbricht und eine höhere Kampfform, den Aufstand, gebiert” [W. I. Lenin, Ausgewählte Werke in zwei Bänden, Bd. I, Dietz Verlag, Berlin 1954, S. 544. Die Red.] Diesem Augenblick näherten wir uns im Oktober 1923 mit unheimlicher Schnelligkeit. Eine unmittelbar revolutionäre Situation war vorhanden. Alle Bedingungen für den Sieg der Arbeiterklasse waren da, außer einer einzigen: dem Bestehen einer klaren, eisern zusammengeschlossenen, unauflöslich mit den breitesten Massen verbundenen kommunistischen Partei, die entschlossen und fähig war, den spontanen Kampf der Arbeitermassen zusammenzufassen, ihn zu organisieren, ihn zu leiten.

Die Führung unserer Partei versagte in der entscheidenden Stunde. Der Eintritt führender Kommunisten gemeinsam mit den „linken” Sozialdemokraten in die sächsische Regierung war nur dann richtig, wenn dieser Schritt einem einzigen Ziel diente: der Organisierung der Revolution, der Bewegung der Massen, der Aufnahme des Kampfes in ganz Deutschland. Gerade dieses Ziel verlor die damalige Leitung unserer Partei aus den Augen. Unsere Führer benutzten ihre Stellung in der sächsischen Regierung nicht zur Entfesselung, sondern zur Vermeidung des Kampfes. Koalitionspolitik war es nicht, daß sie in die sächsische Regierung eintraten, sondern daß sie sich in dieser Regierung übertölpeln und führen ließen, anstatt die Arbeitermassen in den Kampf gegen die Reichsregierung zu führen.

Sie vergaßen, daß die Bewegung „in eine höhere Kampfform“ übergehen mußte. Sie beschränkten sich auf den „engen Rahmen”, ja sie versuchten sogar, den engen Rahmen der wirtschaftlichen und politischen Teilkämpfe noch „enger” zu spannen. Sie gaben den Auftrag, bestehende Streikbewegungen abzubrechen, da „der entscheidende Kampf bevorstehe”.

Unsere Partei als Ganzes war noch viel zu unreif, um diese Fehler der Führung zu verhindern. So scheiterte im Herbst 1923 die Revolution am Fehlen einer ihrer wichtigsten Voraussetzungen: dem Bestehen einer bolschewistischen Partei.

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Der Mann im roten Trainingsanzug

Der Mann im roten Trainingsanzug

Als den Anführern der südafrikanischen Befreiungsbewegung Regierungsposten winkten, blieb Chris Hani unkäuflich. Vor 30 Jahren wurde der Revolutionär erschossen

Quelle: Junge Welt vom 08.04.2023, http://www.jungewelt.de

Im Kampf gegen das rassistische Apartheidregime war Martin Thembisile »Chris« Hani für die unterdrückte schwarze Mehrheitsgesellschaft Südafrikas ein Held. Hani, oft als »südafrikanischer Che Guevara« bezeichnet, war Stabschef des bewaffneten Arms des African National Congress (ANC), Umkhonto we Sizwe, und Generalsekretär der mit dem ANC verbündeten South African Communist Party (SACP). Der wichtigste Politiker des linken Flügels innerhalb der Befreiungsallianz galt als gleichsam charismatisch wie prinzipienfest und wurde als wahrscheinlichster Nachfolger Nelson Mandelas an der Staatsspitze gehandelt. Doch der energische Mann aus der ländlichen Kleinstadt Cofimvaba in der heutigen Provinz Ostkap erlebte nicht einmal die ersten freien Wahlen 1994 und die Regierungsübernahme des ANC. Vor 30 Jahren, am 10. April 1993, wurde Hani, damals 50 Jahre alt, von einem weißen Rassisten vor seinem Wohnhaus in Boksburg bei Johannesburg aus nächster Nähe erschossen. Der Mord brachte Südafrika noch einen gefährlichen Schritt näher an die Grenze zum Bürgerkrieg. Dass es dazu nicht kam, verdankt das Land vor allem dem entschiedenen Eingreifen Nelson Mandelas. Noch vor Regimechef Frederik Willem de Klerk trat Mandela vor die Kameras des Staatsfernsehens, hob hervor, dass es eine weiße Frau gewesen war, die den Hinweis zur Ergreifung des Attentäters geliefert hatte, und warnte die ANC-Anhänger davor, sich von der Tat provozieren zu lassen. Das revolutionäre Lager Südafrikas wurde durch den Tod Hanis dennoch nachhaltig geschwächt.

Unverbrüchlicher Kämpfer

Hanis Kompromisslosigkeit machte ihn auch nach der Aufhebung des Verbots von SACP und ANC zu einem der gefürchtetsten Widersacher der Apartheidregierung. Noch im August 1990 drohte Hani in einer Rede an der Universität der Transkei in Mthatha, dass der ANC gezwungen sein könnte, »die Macht zu ergreifen«, wenn das weiße Regime keine Zugeständnisse mache. Praktisch setzte Hani sich für die Integration der Kämpfer des Umkhonto we Sizwe in die neuen demokratischen Streitkräfte ein, auf ideologischer Ebene stritt er für eine Verteidigung der revolutionären Ideale seiner Bewegung. Hani wusste um das Risiko, dass die Führung der Befreiungsbewegung einer Beibehaltung der ökonomischen Machtverhältnisse zustimmen könnte, wenn sie dafür politische Macht bekam. »Wovor ich Angst habe, ist, dass die Befreier zur Elite aufsteigen, die in Mercedes-Benz herumfährt und die Ressourcen des Landes nutzt, um in Palästen zu leben und Reichtümer anzuhäufen«, erklärte er in einem Interview mit der afrikaanssprachigen Tageszeitung Beeld im Oktober 1992. Hani, auch das äußerte er klar und deutlich, ging es nicht um Regierungsposten, sondern um die Fortführung des Kampfes zur Verbesserung der sozialen Lage der südafrikanischen Arbeiterklasse.

In den Verhandlungen zum Übergang zur Demokratie in Südafrika stand er damit jedoch relativ allein auf weiter Flur. Die Gespräche zwischen Staatsmacht und ANC-Führung hatten bereits Mitte der 1980er Jahre auf Vermittlung internationaler Bergbaukonzerne begonnen, die einerseits durch Streiks und Aufstände ihre Profite geschmälert und andererseits ihren Besitz durch eine etwaige Revolution gefährdet sahen. Auch in den Reihen des ANC, für den der spätere Präsident Thabo Mbeki die ersten Gespräche auf einem englischen Landsitz führte und der heutige Staatschef Cyril Ramaphosa federführend an der Ausarbeitung der neuen liberalen Verfassung beteiligt war, schaffte Hani sich mit seiner Position einflussreiche Gegner.

Widerstände hatte Hani nie gescheut. Schon Ende der 1960er Jahre zog er den Zorn von Teilen der ANC-Führung auf sich, der er vorwarf, ein sicheres und relativ luxuriöses Leben im Exil über einen entschiedenen Einsatz für den bewaffneten Befreiungskampf zu stellen. In einem Memorandum forderte Hani, der stets bei den Truppen in den Untergrundlagern lebte, aktive Kampfhandlungen zum Sturz des Apartheidregimes. Kurze Zeit später ging der in der Sowjetunion und der DDR militärisch ausgebildete Guerillaanführer nach Lesotho, wo er die Rekrutierung neuer Widerstandskämpfer aus Südafrika koordinierte. Mit manchen seiner Prinzipien trieb er dort sogar die eigenen Leibwächter beinahe in den Wahnsinn. Wie Janet Smith und Beauregard Tromp in ihrer 2009 erschienenen Biographie »Hani – A Life Too Short« schrieben, bestand Hani trotz der Gefahr von Attacken des Apartheidgeheimdienstes auf seinen morgendlichen Joggingrunden, bei denen ihm zwei zu seinem Schutz abgestellte Kämpfer in übergroßen Pullovern folgten, in denen sie ihre Pistolen versteckt hielten. Hani selbst trug dabei, »vielleicht als Spott gegen seine Möchtegernkiller oder vielleicht aus persönlicher Vorliebe«, wie es im Buch heißt, »oft einen roten Trainingsanzug«. Trotz zweier Versuche, ihn zu erschießen, verfehlten die Schergen des Regimes Hani stets.

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