Wohin geht die VVN-BdA?

Innerhalb der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) gibt es Bestrebungen die antifaschistische Politik in Richtung einer ominösen „antitotalitären Politik“ abzulösen, um damit die Anschlussfähigkeit der VVN-BdA an die Zeitenwende-Kriegspolitik (von Die Linke, Grünen, SPD etc.) herzustellen. Ein weiterer Baustein in diese Richtung ist der Artikel von Maxi Schneider in der jüngsten Ausgabe der von der VVN-BdA herausgegeben Zeitschrift „antifa“ unter dem Titel „Als es keine Brandmauer gab“ (Link: http://www.antifa.vvn-bda.de/2023/07/11/als-es-keine-brandmauer-gab/ ). Die zutreffende Kritik an diesem Artikel veröffentlichte die „UZ – Zeitung der DKP“ in ihrer Ausgabe vom 01.09.2023, S. 10, der im Anschluss abgedruckt ist:

Eine Antwort auf den Artikel „Als es keine Brandmauer gab“ – Teil 1

Fragwürdige Thesen

von Erik Höhne | UZ vom 1. September 2023

In der Zeitschrift „antifa“, deren Herausgeber der Bundesausschuss der VVN-BdA ist, erschien im Juli der Artikel „Als es keine Brandmauer gab“. Autorin ist die Referentin für Geschichts- und Erinnerungspolitik der VVN-BdA, Maxi Schneider. Sie unterstellt darin, dass „Querfront-Ambitionen vor dem Hintergrund des Kriegs Russlands gegen die Ukraine bei manchen der traditionell im linken Spektrum zu verortenden Akteure anschlussfähig zu sein scheinen“. Genannt werden von Schneider mehrfach die DKP und ihre Zeitung Unsere Zeit. Im ersten Teil des Artikels setzt Schneider sich mit dem Antifaschismus der KPD auseinander. Sie bemerkt, diese machte zwar keine gemeinsame Sache mit der NSDAP, aber „der Stimmenfang bei den Völkischen bestärkte nationalistisch Gesinnte, wertete die extreme Rechte als Gesprächspartner auf und unterlief die internationalistische Haltung der KPD ebenso wie ihren Kampf für Frauenrechte und ihren antifaschistischen Grundkonsens“. Der Vorsitzende der DKP, Patrik Köbele, wandte sich an die Redaktion der „antifa“ mit der Bitte, Positionen richtigstellen zu können, da die Autorin „eine Um-Schreibung der Geschichte des antifaschistischen Kampfes“ vornehme und die Postionen der DKP verdrehe. Diese Möglichkeit wurde nicht eingeräumt. Deshalb veröffentlichen wir an dieser Stelle den ersten Teil der Antwort, die sich mit den historischen Einschätzungen beschäftigt.

Die KPD habe im Laufe der 1920er und 1930er Jahre laut Schneider folgenschwere Fehler begangen, als sie versuchte, der radikalen Rechten Wähler dadurch abspenstig zu machen, indem sie die Trennlinie zu ihnen aufweichte. Sie verweist auf die „Schlageter-Rede“ von 1923, mit welcher Karl Radek – der „Deutschland-Experte“ der Komintern – den persönlichen Mut des von der französischen Armee im Zuge der Ruhrbesetzung hingerichteten rechten Freikorpsleutnants bäuerlicher Herkunft Albert Leo Schlageter würdigte – verbunden mit dem Appell an die ihm nahestehenden Kräfte in Deutschland, sich nicht länger der Einsicht in den Zusammenhang von sozialer und nationaler Befreiung zu verschließen. Als nationalistische Verirrung wird auch die „Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes“ der KPD von 1930 mit ihrer Stoßrichtung gegen den Versailler Vertrag gewertet. Zudem habe die KPD 1931 einen von der NSDAP initiierten Volksentscheid zur Auflösung des preußischen Landtags mitgetragen und beim BVG-Streik in Berlin 1932 sich nicht gescheut, mit der Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation (NSBO) zu kooperieren. Die ideologische Basis für diese Irrwege habe sich unter anderem aus der von der Komintern vorgegebenen Sozialfaschismusthese ergeben, wonach der Hauptstoß nicht gegen die Nazis, sondern gegen die „sozialfaschistische“ SPD zu richten sei.

Nation und Volk

Wenn Schneider kritisiert, die KPD habe versucht, sich als die konsequentere Vertreterin nationaler Interessen zu empfehlen, so ist zunächst eine prinzipielle Klarstellung nötig. Die KPD bekannte sich programmatisch zum Marxismus-Leninismus. Ist es auf dieser Basis überhaupt anrüchig, sich nationaler Interessen anzunehmen? Oder ist es nicht sogar vielmehr geboten? Karl Marx und Friedrich Engels stellten im „Kommunistischen Manifest“ klar: „Indem das Proletariat zunächst sich die politische Herrschaft erobern, sich zur nationalen Klasse erheben, sich selbst als Nation konstituieren muss, ist es selbst noch national, wenn auch keineswegs im Sinne der Bourgeoisie.“ Offenbar gibt es also verschiedene Begriffe oder vielmehr Klasseninhalte von „Nation“ – und somit aus marxistischer Sicht keinen Grund, in dieser Frage eine bloß verneinende Haltung einzunehmen.

Nicht anders verhält es sich mit dem Begriff des „Volkes“. In der Französischen Revolution gewann ein Begriff seine Gestalt, der unter „Volk“ die Gesamtheit der arbeitenden, aber nicht an der Herrschaft beteiligten Menschen verstand – in Abgrenzung zu Adel und Klerus. Danach bildete sich im Gegensatz dazu von rechts ein Verständnis, dem zufolge ein „Volk“ eine mystisch-blutsbasierte Schicksalsgemeinschaft sei, welche Herrschende und Beherrschte gleichermaßen einschließt. Bei aller möglichen Kritik an der Programmatik der KPD der Weimarer Republik ist festzustellen, dass diese sich immer dem revolutionär-republikanischen Volksbegriff verpflichtet gesehen hat und bestrebt war, der deutschen Nation einen sozialistischen Klasseninhalt zu geben.

Als Radek bei der Sitzung des Exekutivkomitees der Komintern (EKKI) am 20. Juni 1923 sich auf Schlageter bezog, stellte er klar, dass es nicht darum gehen könne, „an der Leiche die Feindschaft zu vergessen“. Schlageter sei ein „mutiger Soldat der Konterrevolution“ gewesen – überzeugt davon, seinem Land zu dienen. Männer wie er stünden aber vor der Entscheidung, ob sie ihr Blut für den Profit der Monopolherren vergießen oder ob sie ihr Wirken in den Dienst des arbeitenden deutschen Volkes stellen wollen. Der Gedanke ist insofern schlüssig, als Schlageter seiner eigenen sozialen Herkunft nach nicht von vornherein für den von ihm beschrittenen Weg bestimmt war. In der achtbändigen „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“ des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED wird die Interpretation von Radeks Rede als Querfrontbestrebung zu Recht als Verleumdung zurückgewiesen, finden sich doch in ihr keine Revisionen der Parteiprogrammatik oder inhaltliche Konzessionen an den Faschismus. Allerdings haben die Historiker Heinz Marohn und Eberhard Czichon auch darauf hingewiesen, dass der Bezug auf Schlageter, der immerhin auch an Terroraktionen gegen Arbeiter beteiligt war, an der KPD-Basis vielfach als Zumutung empfunden wurde. Es kann also darüber gestritten werden, ob sich Radek politisch klug verhalten hat. Allerdings ist es zweifelhaft, ob diese Episode der KPD-Geschichte nur auf die Namen Radek und Schlageter zugespitzt werden kann. Immerhin hatte Clara Zetkin auf der gleichen EKKI-Sitzung festgestellt, „dass der Faschismus eine Bewegung von Hungrigen, Notleidenden, Existenzlosen und Enttäuschten ist“. Es müsse darum gehen, „dass wir die sozialen Schichten, die jetzt dem Faschismus verfallen, entweder unserem Kampfe eingliedern oder sie zum Mindesten für den Kampf neutralisieren“.

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Antikriegstag: Auf die Straßen gegen die imperialistischen Kriegsvorbereitungen!

Nachfolgend wird der Aufruf des Kommunistischen Aufbaus zum diesjährigen Antikriegstag am 1. September abgedruckt, der zuerst auf http://www.komaufbau.org erschienen ist:

Der 1. September, der Antikriegstag, muss auch in diesem Jahr mehr sein als nur eine Gelegenheit, um an das unsägliche Leid zu erinnern, dass imperialistische Kriege über die Arbeiter:innen und Unterdrückten überall auf der Welt gebracht haben.

Spätestens mit der Invasion Russlands in der Ukraine sind alle großen Imperialist:innen zu einer neuen Politik der konkreten Kriegsvorbereitungen übergegangen. Auch in Deutschland merken wir das und zwar an der Rhetorik der Politiker:innen, den milliardenschweren Investitionspaketen, den Diskussionen über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht und den permanenten Kriegsübungen.

Sicherlich wissen auch die Imperialist:innen nicht, wann konkret die Widersprüche zwischen ihnen auch auf militärischer Ebene vollends eskalieren und es zum dritten Weltkrieg kommt. Auch für uns macht es keinen Sinn, über diese Frage zu spekulieren. Klar ist aber, dass von den USA über Russland bis hin zu Deutschland alle ausschlaggebenden Mächte auf der Welt genau dieses Szenario hinarbeiten, unabhängig davon, ob ihnen diese Entwicklung selbst gefällt oder nicht. Die Imperialist:innen bereiten einen neuen großen Krieg vor. Dieser Tatsache müssen wir ins Auge schauen.

In dieser Situation ist es nicht die richtige Schlussfolgerung, sich einzureden, dass es sich lediglich um eine zwischenzeitliche diplomatische Krise handelt und die Beziehungen zwischen den imperialistischen Ländern sich auch wieder entspannen werden.

In dieser Situation gilt es klar der Tatsache ins Auge zu sehen, dass es keinen dauerhaften Frieden im Imperialismus geben kann, sondern der dauerhafte Kampf um Absatzmärkte, Arbeitskräfte und Rohstoffe gesetzmäßig auch militärisch eskalieren muss.

Dass es momentan überhaupt keine Hinweise auf „Entspannung“ gibt, zeigt sich zum Beispiel am Militärputsch in Niger, der von Russland unterstützt wird, an massiven Waffenlieferungen der USA an Taiwan oder den ständig scheiternden Sondierungsgesprächen für Friedensverhandlungen in der Ukraine.

Es gilt, aus all dem die Schlussfolgerung zu ziehen, dass es keinen Frieden im Imperialismus geben kann und wer tatsächlich eine Welt ohne Kriege will, auch für die Überwindung des kapitalistischen Systems durch die sozialistische Revolution eintreten muss.

In dieser Situation ist es ebenso falsch, sich damit zu beruhigen, dass der deutsche Staat sich keinesfalls bereit fühlt, einen großen imperialistischen Krieg zu führen.

Einerseits stellt das permanente Gejammer um die schlechte Ausrüstung der Bundeswehr ein Mittel dar, um Stimmung für immer größere Aufrüstungspakete zu machen. Vor allem aber werden tatsächliche militärische Defizite vom deutschen Imperialismus momentan so schnell wie möglich aufgeholt und die Kapazitäten der deutschen Rüstungsindustrie massiv ausgebaut.

Mit Militärübungen der NATO unter Leitung der Bundeswehr macht Deutschland zu dem klar, dass es im Kriegsfall keinesfalls damit zufrieden sein wird, sich mit einem Platz in der zweiten oder dritten Reihe zu begnügen, sondern an vorderster Front mit morden will im Kampf um die Neuaufteilung der Welt.

Es gilt daher, die Kriegsvorbereitungen im Eiltempo und die damit einhergehenden Veränderungen in der Gesellschaft zum Anlass zu nehmen, das kapitalistische System ganz grundsätzlich in Frage zu stellen und eine revolutionäre Arbeiter:innenbewegung sowie eine kommunistische Partei aufzubauen, die eine klare, antimilitaristische Politik verfolgt.

In dieser Situation reicht es vor allem auch nicht, sich einfach den Millionen Menschen anzuschließen, die denken oder aussprechen, dass sie keinesfalls bereit sind, in den Krieg zu ziehen.

Egal ob an der Front oder nicht: Den Auswirkungen eines weiteren Weltkriegs können wir nicht aus dem Weg gehen. Nicht durch individuelle Kriegsdienstverweigerung und nicht durch Desertation können wir ihn verhindern oder beenden.

Es gilt viel mehr, den 1. September wie jeden Tag als Gelegenheit zu nutzen, aus der heute noch sehr zersplitterten kommunistischen Bewegung und Arbeiter:innenbewegung eine Kampffront gegen den Krieg zu formen, die nicht nur zum passiven, gewaltlosen Protest in der Lage ist, sondern in letzter Konsequenz bereit ist, die Waffen, die uns von unseren Ausbeutern in die Hand gedrückt werden, umzudrehen, um sie gegen sie zu richten.

Das heißt für uns die Parole „Krieg dem Krieg! Kampf dem deutschen Imperialismus!“ Wirklichkeit werden zu lassen.

Raus auf die Straßen am 1. September!

Quelle: http://www.komaufbau.org/antikriegstag-auf-die-strassen-gegen-die-imperialistischen-kriegsvorbereitungen/

Mörderische Systeme

Vor 40 Jahren stürzte sich der Exilant Cemal Altun aus dem Fenster eines deutschen Gerichts in den Tod. Vor der türkischen Militärjunta hatte er Zuflucht in der BRD gesucht und geriet in deren Fänge.

Von Dror Dayan und Cem Kara (junge Welt vom 30.08.2023, S. 12-13)

Morgenstunden des 30. August 1983. Im sechsten Stock des Verwaltungsgerichts in Berlin-Charlottenburg soll der zweite Prozesstag der fünf Tage zuvor begonnenen mündlichen Verhandlung gegen Cemal Kemal Altun stattfinden. Als Asylberechtigter anerkannt, drängt die deutsche Politik auf die Aufhebung der Anerkennungsentscheidung. Er soll der Militärdiktatur in der Türkei übergeben werden. Jenem Folterregime, vor dem er in der Bundesrepublik Deutschland Zuflucht gesucht hatte. Cemal, seit über 13 Monaten in Einzelhaft, wird in Handschellen in den Verhandlungssaal geführt. Dann nimmt man sie ihm ab. Er läuft zum Fenster und springt. Cemal stirbt. Sechs Monate nach seinem Tod wird ihm Asyl zugesprochen.

Flucht vor der Junta

Der 1960 in der Nähe der Stadt Samsun geborene Cemal wuchs unter der Fürsorge seines älteren Bruders Ahmet Altun auf, der sich unter anderem im Rahmen der Köy-Koop (Dorfkooperativen) für landlose Bauern einsetzte. Dies und die Zugehörigkeit seiner Familie zur sozialdemokratischen CHP (Republikanische Volkspartei) führten dazu, dass sich Cemal früh politisierte und sich an der Gründung eines Studentenvereins in Ankara beteiligte sowie für die dortige Köy-Koop tätig wurde. Nach seiner Schulzeit begann er im Jahr 1978 ein Studium an der Fakultät für politische Wissenschaften in Ankara und wurde im Ministerium für Staatsbetriebe eingestellt. Er engagierte sich bei der Beamtengewerkschaft TÜM-Der (Einheits- und Solidaritätsverein aller Beamten) und setzte sein Engagement in studentischen Strukturen innerhalb der »Föderation progressiver Studenten« fort.

Die Türkei der 1970er Jahre war von verschiedenen Regierungswechseln geprägt. Ende 1979 löste eine Minderheitsregierung unter Süleyman Demirel die CHP unter Bülent Ecevit ab. Es folgten die Auflösung des Ministeriums für Staatsbetriebe und die Versetzung von Cemal ins Ministerium für Forstwirtschaft. Ahmet Altun beschrieb die Situation wie folgt: »Als zu dem von der MHP (Partei der Nationalistischen Bewegung) und ihren Untergrundorganisationen gegen Vereine, Gewerkschaften und andere demokratische Massenorganisationen ausgeübten zivilen faschistischen Terror nun zusammen mit der ›neuen politischen Macht‹ noch der Staatsterror hinzukam, wurden die Organisationen, in denen mein Bruder war, der Reihe nach geschlossen und ihnen die Möglichkeit genommen, legal zu arbeiten.«¹ Doch Cemal setzte seine Tätigkeiten in den illegalisierten Strukturen fort.

Am 12. September 1980 putschte sich das türkische Militär unter der Führung von General Kenan Evren an die Macht, um die erstarkende Arbeiterbewegung und ihre Organisationen zu zerschlagen. Bei diesem bis dato dritten Putsch seit Gründung der Republik Türkei im Jahr 1923 ordnete die Militärführung das Verbot aller Parteien an und untersagte die politische Betätigung von Gewerkschaften. Verschiedene türkische Zeitungen zogen eine Bilanz der Repression nach dem Putsch und dokumentierten, dass es zu 650.000 Festnahmen kam, wobei 230.000 Menschen vor Gericht gestellt wurden. Darüber hinaus wurden 14.000 Menschen ausgebürgert, 30.000 Menschen mussten das Land verlassen, 74 Menschen starben bei Gefechten, 14 in Hungerstreiks, 171 Menschen wurden zu Tode gefoltert, und 50 Menschen wurden gehängt, darunter der erst 17jährige Revolutionär Erdal Eren. Hinsichtlich der öffentlichen Kritik an der Hinrichtung eines Minderjährigen äußerte sich Kenan Evren mit einer für die Mentalität der Militärs typischen Bemerkung: »Wir sollen ihn nicht hängen, sondern durchfüttern?«

Die Auswirkungen des Putsches hatten natürlich auch Folgen für Cemal. Er konnte seine politische Arbeit nicht einmal mehr illegal fortsetzen. Zudem wurden einige seiner Freunde inhaftiert. Wie viele andere Menschen, die aus ökonomischen und politischen Gründen zur Emigration getrieben werden, suchte auch er Zuflucht in Europa.

Er ließ sich einen Pass ausstellen und verließ das Land am 8. November 1980, indem er zunächst nach Rumänien flog, da es dort keinen Visumzwang für türkische Staatsbürger gab. Von Rumänien aus reiste er weiter nach Bulgarien, wo er für einige Wochen unterkam. Dann wurde er von seinem Bruder Ahmet Altun in dessen Auto mitgenommen und durchquerte Rumänien, Ungarn, die damalige Tschechoslowakei und die DDR, bevor er schließlich in Westberlin ankam, wo er am 10. Januar 1981 eintraf.

Cemal lebte in Westberlin in der Hoffnung, irgendwann in die Türkei zurückkehren zu können, und hielt sich bezüglich der dortigen Situation auf dem laufenden. Aus türkischen Zeitungen erfuhr er schließlich, dass in der Türkei gegen ihn im Zusammenhang mit der Erschießung des stellvertretenden Generalvorsitzenden der faschistischen MHP, Gün Sazak, der »während seiner Amtszeit das Land (außerhalb der Armee) in ein Waffenlager verwandelt hatte«², ermittelt wurde. Dieser Vorfall ereignete sich am 27. Mai 1980, als die marxistisch-leninistische Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) den ehemaligen Minister für Staatsmonopole und Zollwesen tötete. Sie sah in ihm eine führende Figur innerhalb der faschistischen Bewegung, die die landesweite zivil-faschistische Organisation vorantrieb.³ Die Zeitungsberichte deuteten außerdem darauf hin, dass sein Bruder Ahmet Altun, der im Exil in Frankreich lebte, und somit auch die CHP in die Angelegenheit verwickelt wurden.

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Wie muss der moderne Revisionismus bekämpft werden?

Bei der Lektüre des zweiten Teil eines Gesprächs vom 25. Februar 2005 in Berlin-Grünau zwischen den türkischen Genossinnen und Genossen der Zeitung “Özgürlük Dünyasi” (ÖD) und dem DDR-Historiker und Revisionismusforscher Kurt Gossweiler, ist mit der gravierende Unterschied des Kampfes gegen den modernen Chruschtschow-Revisionismus durch die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) und der Partei der Arbeit Albaniens (PAA) aufgefallen.

Daher empfehle ich nach der Lektüre des zweiten Teils dieses Interviews mit Kurt Gossweiler, das im Anschluss abgedruckt ist, die konkrete Analyse der historischen Ereignisse (vom 1955 bis 1971) sowie den politischen Schlussfolgerungen der PAA im Kampf gegen den modernen Revisionismus in den Kapiteln fünf bis sieben der Geschichte der Partei der Arbeit Albaniens (2. Auflage, Tirana, 1982, S. 296-363 und 394-468), die nachfolgend als PDF-Datei einzusehen ist:

Interview der Zeitung “Özgürlük Dünyasi” mit Kurt Gossweiler (2. Teil)

(25. Februar 2005)

ÖD: Es gibt auch die These, dass die mit der Zeit immer gravierender werdenden Einkommensunterschiede dabei eine Rolle gespielt haben.

Kurt Gossweiler: Diese These höre ich zum ersten Mal. Ich habe leider keine Zahlen darüber zur Verfügung, aber nach meinen eigenen Erfahrungen spielte das in der DDR bei der Diskussion darüber, ob der Vorrang bei der Abteilung I oder der Abteilung II liegen soll, keine Rolle. Vielleicht war das in Polen und Ungarn und auch in der Sowjetunion anders.

Wir hatten aber in der DDR einen gewissen Kaufkraft-Überhang; er wurde bei uns in sogenannten Exquisit-Läden abgeschöpft, in denen besonders wertvolle Waren, die nicht in genügender Menge auf dem Inlandsmarkt angeboten wurden, zu erhöhten Preisen verkauft wurden. Für Ausländer und für DDR-Bürger, die durch ihren Beruf Entgelt in Westmark oder in anderen ausländischen Währungen erhielten – Seeleute, Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, Journalisten, Diplomaten u.a. -, gab es die sogenannten “Intershop”-Läden, in denen auch Westwaren für “Westgeld” gekauft werden konnten.

ÖD: Zur DDR: Gab es hier einen bestimmten Entartungsprozeß oder war die DDR nur ein Opfer der “gorbatschowschen Zugeständnispolitik”?

Kurt Gossweiler: Ich würde nicht von einem Entartungsprozess sprechen. Ich war immer und bin auch heute noch davon überzeugt, Walter Ulbricht hat das, was in der SU geschah, spätestens seit dem XX. Parteitag der KPdSU richtig eingeschätzt. Er selber war wirklich ein Kämpfer gegen den Revisionismus, kein Revisionist.

Aber wir waren zwischen der feindlichen Bundesrepublik und einer nun auch feindlich gewordenen Sowjetunion gewissermaßen in der Zange. Unter Stalins Führung war die Sowjetunion für uns unsere Hauptstütze, unser zuverlässiger Verbündeter. Aber nachdem dort die Chruschtschow-Clique an die Macht gekommen war, befanden wir uns zwischen einer uns offen feindlichen Macht, der Bundesrepublik, und einer formell zwar mit uns verbündeten Macht, deren Spitzenmann aber in Wahrheit insgeheim mit dem Imperialismus gegen uns im Bunde war, was allerdings erst unter Gorbatschow – der für mich der Chruschtschow der achtziger und neunziger Jahre ist – ganz offenkundig wurde. Aber was Gorbatschow 1989/90 tat, nämlich die DDR an die Bundesrepublik zu verkaufen – das war in den fünfziger und sechziger Jahren schlechthin noch nicht möglich. Noch befanden sich in der Führung der KPdSU und der Regierung der Sowjetunion und ihrer Armee Kräfte, die einen Chruschtschow davongejagt hätten, hätten sie seine wahren Absichten gekannt.

Und was die DDR und ihre Führung betraf: Wir waren von der Sowjetunion ökonomisch, politisch und militärisch völlig abhängig. Ohne den Schutz durch die Rote Armee hätte es nicht lange gedauert, dass der Westen uns überrollt hätte. Gomulkas Polen und Kadars Ungarn hatten sich ohnehin schon auf den Weg Tito-Jugoslawiens begeben. Die anderen, die dem Weg des Revisionismus widerstehen wollten – dazu zähle ich außer der DDR vor allem die Tschechoslowakei, aber auch, wenngleich mit Abstrichen, Bulgarien und Rumänien – für sie hätte es nur die Möglichkeiten gegeben: man macht es wie Albanien und Volkschina und erklärt offen: In der Sowjetunion ist ein Revisionist an der Macht und gegen den müssen wir jetzt kämpfen! Das hätte für die DDR aber das Ende bedeutet.

ÖD: Warum? Die DDR stand ja wirtschaftlich besser da als Albanien!

Kurt Gossweiler: Die Chruschtschow-Leute brauchten nur aufzuhören, uns mit Rohstoffen zu beliefern. Was dann? Wir hatten ohnehin schon eine Mangelwirtschaft. Ohne die Lieferungen aus der SU wären wir völlig vom Westen abhängig geworden, und die hätten uns ihre Bedingungen diktiert.

ÖD: Andersherum gefragt: hat man denn das gesamte ZK, die gesamte Partei zusammengerufen und sie darüber informiert, dass in der Sowjetunion eine revisionistische Clique an die Macht gekommen ist, dass sie jetzt die DDR an die Wand drückt und dass sich die Partei der neuen Situation bewusst sein muß?

Kurt Gossweiler: Überlegen Sie doch selber: was wäre die Folge gewesen, wie hätte darauf die Chruschtschow-Bande reagiert?

ÖD: Sie sagen ja selber: Walter Ulbricht war sich der Situation und den Entwicklungen in der Sowjetunion bewusst. So: wenn ein erfahrener Mann wie Ulbricht sich dieser neuen Situation bewusst wird, dann muß doch dieses Wissen Folgen für seine Politik haben. Man kann aber doch keine der neuen Situation entsprechende Politik betreiben, indem man ein Geheimnis für sich behält und die Partei darüber nicht informiert und sie nicht vorbereitet.

Kurt Gossweiler: Was sollte er nach Ihrer Ansicht konkret machen?

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Wirkliche “Inklusion” ist in diesem System unmöglich

Nachfolgend wird ein Gastkommentar zur „Inklusion“ von behinderten Menschen in der BRD geteilt, der zuerst auf http://www.perspektive-online.net erschienen ist:

„Inklusion“ bedeutet, Menschen mit Behinderung die uneingeschränkte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Auch wenn mittlerweile „Inklusion“ Parole und Ziel der bürgerlichen Politik ist, sieht die reale Umsetzung ganz anderes aus. Warum ist das so? Und ist eine wirkliche Teilhabe von behinderten Menschen innerhalb der kapitalistischen Verhältnisse überhaupt möglich? – Ein Gastkommentar.

Im Jahr 2009 wurde die UN-Behindertenrechtskonvention von der BRD unterzeichnet. Damit verpflichtete sich der deutsche Regierung Maßnahmen zu beschließen, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderung auf allen Ebenen der Gesellschaft zu gewährleisten. Seitdem sind einige Jahre ins Land gegangen, dochverändert hat sich nicht viel – geschweige denn bedeutende Schritte zur wirklichen Teilhabe getan.

Das Hauptaugenmerk im Umgang mit Menschen mit Behinderung liegt von Seiten des kapitalistischen Staats weiterhin auf gesellschaftlicher Isolierung und Abschottung. Jede zehnte Schule ist als eine sogenannte „Förderschule“ eingerichtet, in denen behinderte Menschen abgesondert von der Gesellschaft unterrichtet werden.

Nach der Schulzeit sieht die Situation nicht besser aus, denn auch im System der kapitalistischen Lohnarbeit werden behinderte Menschen besonders ausgebeutet. Rund 310.000 Menschen mit Behinderung arbeiten in sogenannten „Werkstätten“. Arbeiter:innen in Werkstätten bekommen ungefähr 1,35 € Lohn in der Stunde bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 bis 40 Stunden in der Woche. Dort lassen Unternehmen Teile für ihre Produktion herstellen. Hier werden behinderte Menschen meist ihr Leben lang in einem System gefangen, dass ihnen noch nicht einmal den eigenen Lebensunterhalt sichert.

Auch im gesellschaftlichen Leben werden Arbeiter:innen ausgeschlossen. Staatliche Einrichtungen sind zwar mittlerweile meist barrierefrei, allerdings trifft dies weder auf private Geschäfte, noch auf gesellschaftliche Orte wie Clubs, Bars oder Theater zu. Wer als Mensch mit Behinderung nur einmal mit dem Öffentlichen Nahverkehr unterwegs war weiß, dass auch hier keineswegs von Barrierefreiheit gesprochen werden kann.

Der Staat will keine Inklusion

In Wahl- und Parteiprogrammen der kapitalistischen Parteien findet man viele Versprechungen und Ziele, die Inklusion von behinderten Menschen voranzutreiben. Von sozialdemokratisch bis konservativ werden Lippenbekenntnisse formuliert und kleinste Verbesserungen als Fortschritt verkauft.

Die Realität zeigt, dass alle Versprechen nur leere Worte sind. Wer als behinderter Mensch in dieser Gesellschaft lebt trifft ständig auf Hindernisse. Das was man zu hören bekommt, wenn man diese Verhältnisse kritisiert sind Ausflüchte und vorgeschobene Argumente warum man dann doch keine wirklichen Verbesserungen beschließen möchte. Diese Ausreden sind nicht stichhaltig und widerlegen den Willen der Politik diese Probleme wirklich anzugehen.

Dass es nicht wirklich den Willen gibt, die Teilhabe von behinderten Menschen umzusetzen ist auch in weiten Teilen der Bewegung, die sich für die Rechte der Menschen mit Behinderung einsetzt angekommen. Da die Bewegung von bürgerlichen Stimmen dominiert wird, sind die Lösungsmöglichkeiten fast ausschließlich innerhalb des kapitalistischen Systems verortet und die Grundlage, der Kapitalismus wird nicht angegriffen.

Inklusion ist im Kapitalismus nicht möglich

Die grundlegende Funktionsweise des Kapitalismus führt zwangsläufig zur Abwertung und verschärften Ausbeutung von Menschen, die von den Kapitalist:innen nicht auf die gleiche umfassende Weise ausgebeutet werden können, wie andere Arbeiter:innen. Menschen mit Behinderung können in vielen Teilen der kapitalistischen Produktion nicht maximal gewinnbringend eingesetzt werden und sind dadurch in den Augen des Kapitals „nutzlos“. Das ist die wesentliche gesellschaftliche Ursache für die ungleiche Teilhabe und die Isolation von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft.

Die fehlende Inklusion und überhaupt die Gleichstellung von behinderten Menschen im bürgerlichen Sinne weder ein „Fehler“ im System noch der Staat dazu geeignet, Bündnispartner für die Durchsetzung unserer Rechte zu sein. Die Abwertung und Unterdrückung wird weitergehen solange wir im Kapitalismus leben und die bereits erkämpften Fortschritte werden uns genommen wenn sich das Haupt des Faschismus wieder erhebt.

Es wird Zeit, dass wir als behinderte Arbeiter:innen unseren rechtmäßigen Platz im Klassenkampf einnehmen und gemeinsam mit allen Teilen der Arbeiter:innenklasse in diesem Land und international für eine sozialistische Gesellschaft kämpfen.

In einer sozialistischen Gesellschaft steht nämlich nicht der Profit im Vordergrund, sondern die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen und die menschliche gestaltung der Arbeits und Lebensprozesse. Während heute behinderte Arbeiter:innen dem Arbeitsprozess untergeordnet werden, wird in einer sozialistischen Gesellschaft ein würdiger Platz für die Beteiligung von Menschen mit Behinderung am Arbeits- und gesellschaftlichen Leben geschaffen werden.

Denn nur in dieser Gesellschaft wird die Abwertung und Unterdrückung ein Ende haben und wir werden als gleichwertige Menschen angesehen, die ihre Fähigkeiten einbringen können und an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens uneingeschränkt teilhaben können.

Quelle: http://www.perspektive-online.net/2023/08/wirkliche-inklusion-ist-in-diesem-system-unmoeglich/

MLKP-Europakomitee – MLKP-Gründungsmitglied Dr. İbrahim Okçuoğlu ist unsterblich!

Wir veröffentlichen die Erklärung des MLKP-Europakomitees zu Genosse Dr. İbrahim Okçuoğlu:

MLKP-Gründungsmitglied Genosse Dr. İbrahim Okçuoğlu ist unsterblich!

An die Arbeiterklasse und die werktätigen Völker der Türkei und Kurdistans; an die führenden politischen Organisationen und Parteien des Weltproletariats;
Brüder und Schwestern;
Unser Schmerz ist groß… Unsere Partei, die MLKP, hat eines ihrer Gründungsmitglieder verloren, eine Platane mit über 50 Jahren revolutionärer Erfahrung und Anhäufung, Genosse Dr. İbrahim Okçuoğlu.
Unser Schmerz ist groß… Die revolutionäre und kommunistische Weltbewegung hat einen entschlossenen Verteidiger und Kämpfer des Sozialismus, der die einzige Rettung des internationalen Proletariats ist, mit unerschütterlichem Glauben an die Wissenschaft der M-L verloren.
Unser Schmerz ist groß… Hunderte von jungen Menschen und Frauen, die sich der Sache der Revolution und des Sozialismus verschrieben haben, haben einen qualifizierten Lehrer verloren.

Brüder und Schwestern,
wir haben unseren Genossen „Doktor“, der mit richtigem Namen Sadi Ceylan hieß, früher Selim Tanyeli hieß und im Parteiprozess unter dem Pseudonym Dr. İbrahim Okçuoğlu bekannt war, durch eine unerbittliche Krankheit verloren. Genosse Dr. İ. Okçuoğlu beendete seinen Lebensweg, der am 10. Februar 1951 begann, am 24. August 2023 gegen sechs Uhr morgens, noch im Krankenbett, indem er Reden zur revolutionären Erziehung hielt. Er hinterließ das ehrenvolle Vermächtnis, von ganzem Herzen an den Kommunismus zu glauben, mit großer Hingabe unter allen Umständen auf dem organisierten Parteikampf zu bestehen, leidenschaftlich an der ML-Wissenschaft festzuhalten und die Fahne des Sozialismus, der wahren Rettung des Weltproletariats und der unterdrückten Völker, gegen Faschismus, Imperialismus und alle Formen der Reaktion hochzuhalten.

Brüder und Schwestern,
Genosse Dr. İbrahim Okçuoğlu wurde 1951 im Dorf Gümüşkümbet im Bezirk Mucur von Kırşehir in einer armen Familie geboren. Bald darauf zog seine Familie nach Ankara. Im Alter von 16 Jahren kam unser Genosse zu seinem Vater, der als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen war, um zu studieren. Obwohl er von der Jugendbewegung von 1968 beeinflusst wurde und sich an Protesten beteiligte, führte er nach seinen eigenen Worten seine „erste voll bewusste revolutionäre Aktion“ im Alter von 21 Jahren durch, indem er sich an den Hungerstreiks beteiligte, die initiiert wurden, um das Todesurteil gegen Deniz Gezmiş und seine Freunde zu verhindern. Später, an den Universitäten in Frankfurt und Berlin, die er besuchte, positionierte er sich als revolutionärer Kämpfer der Jugendbewegung.

Genosse Dr. Okçuoğlu, der seine organisierte Tätigkeit in der zweiten Hälfte der 70er und 80er Jahre als einer der für Europa zuständigen Kader einer Vorparteigruppe fortsetzte, beteiligte sich als Gründungsmitglied an der Gründungsarbeit unserer Partei MLKP. Unser Genosse, der in der Partei als Doktor oder Hodja bekannt ist, hat in seinem revolutionären Leben mit intellektueller Konzentration wichtige Beiträge zum Verständnis der ML-Theorie geleistet. Theoretische Arbeit, Forschung und Studium gehörten zu den Themen, denen er in der revolutionären Arbeit Bedeutung beimaß. Genosse Dr. Okçuoğlu, der ein bescheidenes Leben führte, liebte das Leben in der Partei, das Zusammensein mit den Genossen und empfand große Ehre und Glück. Unter seinem harten Auftreten hatte er ein emotionales Herz. Er setzte sich immer für seine Aufgaben ein und verweigerte nie eine Aufgabe. Während er ständig unterwegs war, wenn es nötig war, schränkte die theoretische Schreibtischarbeit den Genossen in den politischen und organisatorischen Fragen und Bedürfnissen der Partei ein wenig ein. Dies kompensierte er jedoch, indem er sich von revolutionären Werten, Fragen und Gesprächen ernährte und das Parteileben aufmerksam verfolgte.

Genosse İbrahim Okçuoğlu berührte das Leben hunderter junger Menschen mit seiner politischen und theoretischen Bildung und bemühte sich, sie zu guten und entschlossenen Kommunisten zu erziehen. In Deutschland, wo er lebte, befasste er sich mit den Problemen der kommunistischen Bewegung und dem Kampf der Arbeiterklasse. Er leistete ideologische und theoretische Beiträge zu neu gegründeten Organisationen und Gruppen in verschiedenen Ländern Europas während ihrer Aufbauarbeit. Er versuchte, ihnen die Erfahrungen der Partei nahe zu bringen. Unser Genosse, der einer der ersten Begründer der internationalen Arbeit der Partei war, leistete wichtige programmatische und strategische Beiträge zu verschiedenen Plattformen und Vereinigungen der Partei auf der internationalen Bühne. Er realisierte die internationale Vertretung der MLKP in vielen Ländern von Kanada bis Russland, von Ecuador bis Kenia, von Griechenland bis Indien.

Genosse Dr. Ibrahim Okçuoğlu war ein kommunistischer Intellektueller türkischer Herkunft, der lange Zeit an der Nazim Hikmet Akademie für marxistische Wissenschaften in der Türkei lehrte. Nach der Revolution reiste er für einige Zeit nach Rojava. Er schrieb ein Buch über die Eindrücke, die er während seines Aufenthalts dort gewann. Gemeinsam mit der Partei überwand er einige nationale Einflüsse, die er anfangs hatte.
Er nahm an Dutzenden von Bildungsaktivitäten, Diskussionsrunden, Seminaren und Treffen in der Türkei und in Kurdistan teil. Er ging an all seine Arbeit mit proletarischer Disziplin heran. Sein Tag war organisiert und geplant. Er führte theoretische Studien, Forschungen und Produktionen durch und leistete Beiträge zur Aufdeckung der Ausbeutung des Mehrwerts in der kapitalistischen Produktion und zur Anhebung des Bewusstseins- und Organisationsniveaus der Arbeiterklasse. Er schrieb Dutzende von Büchern und Hunderte von Artikeln über den Kapitalismus und die Arbeiterklasse, den Kampf für den Sozialismus und die Organisation. Er übersetzte viele Bücher in verschiedenen Sprachen ins Türkische. Er vertiefte sich in die Dialektik der Arbeiterklasse, der kommunistischen Partei und des Sozialismus. Er führte einen theoretischen und ideologischen Kampf gegen den modernen Revisionismus, Trotzkismus und alle Arten von Anti-ML-Ideen.

Brüder und Schwestern,
Wir wissen, dass die Lücke unseres Genossen Doktor, wie die aller anderen Unsterblichen auch, nie gefüllt werden wird. Aber unsere Sehnsucht nach ihm wird sich in unserem Kampf für den Sozialismus gegen den Kapitalismus mit der ganzen Klarheit des Klassenhasses in Wut verwandeln und immer die feindlichen Festungen schlagen. Wir werden atemlos und grenzenlos im Kampf sein mit dem Arsenal an Wissen, das wir von ihm gelernt haben, um seine Träume zu verwirklichen. Wir werden ihn und seine Produktionen weiterhin unermüdlich zu den jungen Frauen und Männern, der Arbeiterklasse und den Werktätigen tragen, von denen er sagte „die Hoffnung liegt in euch“.
Ich verspreche dir, Genosse, um die Revolution und den Sozialismus zu erreichen, von denen du träumst, werden wir als deine Schüler immer weiter von dir lernen, wir werden unsere Schritte verstärken, die Latte der Opfer noch höher legen und früher oder später werden wir die rote Fahne auf den Bastionen des Faschismus hissen, auf der steht: „Eine Welt ohne Grenzen, ohne Klasse, ohne Ausbeutung“.

Genosse İbrahim Okçuoğlu ist unsterblich!
Es lebe die Revolution und der Sozialismus!
Es lebe unsere Partei MLKP für den Sieg der Revolution!

MLKP Europakomitee

Quelle: http://www.avegkon.com/2023/08/24/mlkp-kurucu-uyesi-dr-ibrahim-okcuoglu-yoldas-olumsuzdur/

Der deutsche Imperialismus in der Krise

Nachfolgend wird ein Kommentar zur aktuellen Zustimmung der deutschen Bevölkerung zu ihrer Regierung, der zuerst auf http://www.demvolkedienen.org erschienen ist, gespiegelt:

Die allgemeine Krise des Imperialismus geht in Deutschland einher mit einer „Vertrauenskrise“. Die Massen verlieren immer mehr die Illusionen in das bestehende System der Ausbeutung und Unterdrückung.

Dazu gibt es nun ein paar aktuelle Zahlen: In Deutschland vertrauen der Demokratie einer Befragung im Auftrag der Körber-Stiftung zufolge immer weniger. Mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) an, weniger großes oder geringes Vertrauen in die deutsche Demokratie zu haben. Im Vergleich dazu waren es im Herbst des vorvergangenen Jahres hingegen knapp ein Drittel, die der Diktatur der Bourgeoisie und ihrer Regierungsform das vertrauen absprachen.

Der Vertrauensverlust der Massen gegenüber den bürgerlichen Parteien ist noch deutlich stärker. Im Jahr 2020 gaben noch 29 Prozent der Deutschen an den bestehen Parteien im Land „zu vertrauen“. Jetzt hat dieser Wert mit nur noch neun Prozent einen neuen Tiefpunkt erreicht.

Knapp dreiviertel der befragten Menschen gaben bei der Umfrage an, dass sie der Meinung sind, dass Führungspersönlichkeiten in Politik und Medien in ihrer eigenen Welt leben und auf den Rest der Bevölkerung herab schauten. Rund die Hälfte (46%) der Leute sind laut der Umfrage der Meinung, dass es in Deutschland weniger bis gar nicht gerecht zugeht.

Die Ergebnisse werden vom Leiter des Bereichs Demokratie, Engagement, Zusammenhalt der Körber-Stiftung, Sven Tetzlaff, „eine beunruhigende Entwicklung“ genannt. Eben derselbe sieht dadurch nun Probleme bei der „notwendige[n] Veränderungsbereitschaft der Menschen zur Bewältigung der großen Herausforderungen“. Damit hat er wohl recht. Die Leute werden nicht alles mit sich machen lassen, weil sie nicht mehr auf die Lügen der Herrschenden hereinfallen. Das schafft neue zu lösende Probleme der Herrschenden, die es in den Jahren der Merkel-Regierungen nicht bzw. deutlich weniger gab. Andere Umfragen sind zahlenmäßig zwar etwas weniger drastisch, allerdings zeichnet sich auch dort der gleiche Trend ab.

Darüber hinaus zeigt eine Umfrage des Beamtenbundes, dass das Vertrauen der Massen in Deutschland auch in die Handlungsfähigkeit des Staates ebenfalls auf einen Tiefstand gesunken ist. Nur etwas mehr als ein Viertel (27%) der Befragten hielten demnach diesen Staat für fähig, seine Aufgaben zu erfüllen. 69 Prozent sehen den Staat hingegen als überfordert an. Dieser Tiefstand ist bemerkenswerterweise auch deutlich niedriger, als zu Zeiten des Corona-Maßnahmen-Chaos.

Es gibt laut Umfrage einen erheblichen Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland. In den Bundesländern, die vor der Annektion durch die BRD, die DDR waren, sind 77 Prozent der Befragten davon überzeugt, dass die BRD hinsichtlich seiner Aufgaben und der bestehenden Probleme überfordert sei – im Westen waren es rund zehn Prozent weniger (68%).

All diese Zahlen stehen in Einklang mit dem sogenannten „DeutschlandTrend“ der ARD. Im August diesen Jahres ergab sich daraus, dass der Blick der Menschen in Deutschland auf die Ampel-Regierung weiter überwiegend negativ ist. Nur ein gutes Fünftel (21%) ist derzeit mit der Arbeit des Kabinetts aus SPD, Grünen und FDP aktuell zufrieden. Vier von fünf Menschen sind es nicht.

Es zeigt sich wie die ökonomische und politische Krise des deutschen Imperialismus in der Meinung der Massen reflektiert wird. Eine offensichtlich unfähige Bande, mit einem offenbar Kriminellen als ihrem Oberhaupt, die für immer mehr immer weniger zu bieten hat, verstärkt den Ruf „Nieder mit der Regierung!“ Was sonst könnte tagespolitisch aktueller sein?

Quelle: http://www.demvolkedienen.org/index.php/de/t-brd/7917-der-deutsche-imperialismus-in-der-krise

Kriegswirtschaft statt Sozialstaat: Stehen noch mehr Kürzungen an?

Nachfolgend wird ein Kommentar gespiegelt, der zuerst auf http://www.perspektive-online.net erschienen ist:

Mit dem Bundeshaushalt für 2024 wurden Kürzungen in fast allen Bereichen des Sozialstaats beschlossen, nur für Rüstung ist scheinbar Geld da. Wird sich dieser Trend fortsetzen? – Ein Kommentar von Herbert Scholle

Deutschland wurde vom Ausbruch des Ukraine-Kriegs gewissermaßen kalt erwischt. Zum einen musste man sich nun plötzlich zwischen USA und Russland entscheiden und so letztendlich auf billige Rohstoffe verzichten, zum anderen bedeutete die Invasion der Ukraine den Eintritt in eine neue Phase der Konflikte zwischen den imperialistischen Großmächten.

Auf diese Verschärfung war der deutsche Staat noch nicht vorbereitet. Seit dem zweiten Weltkrieg konnten die deutschen Konzerne ihren Einfluss in Europa und auf der ganzen Welt zwar wirtschaftlich, sowie politisch stark ausbauen und die Bundesrepublik konnte so wieder zu einem der mächtigsten imperialistischen Staaten aufsteigen, doch militärisch blieb man im Vergleich mit Staaten wie den USA, Russland, China, Frankreich oder Großbritannien doch noch deutlich zurück.

In diesem Bereich hat die Bundesregierung in den letzten eineinhalb Jahren allerdings ordentlich aufgeholt: Mit dem 100-Milliarden-Euro-Paket für die Bundeswehr startete die Ampelkoalition unter Kanzler Scholz eine historische Aufrüstungsoffensive. Auch das Versprechen, “endlich” mehr als 2% des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung auszugeben, zeigt uns, dass dies kein einmaliger PR-Stunt war.

Die ersten Auswirkungen der Aufrüstung haben wir bereits zu spüren bekommen: Mehr Macht für Polizei und Bundeswehr, Debatten über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht sowie Kürzungen bei Bund, Ländern und Kommunen gehören inzwischen zur Tagesordnung. Gerade was letztere angeht, war dies allerdings gerade einmal der Anfang.

Bundeshaushalt 2024

Mehr Geld für Krieg und Aufrüstung bedeutet weniger Geld für den Sozialstaat – so könnte der Slogan des Bundeshaushalts für 2024 lauten, wären die Regierenden nicht zu sehr damit beschäftigt, von der “Sicherheit unseres Landes” oder dem “Zusammenhalt der Gesellschaft” zu schwafeln.

Während für Verteidigung im kommenden Jahr nämlich 1,7 Milliarden Euro mehr als schon im Vorjahr ausgegeben werden soll, scheint es überall sonst am Geld zu mangeln:

Für Arbeit und Soziales sollen zwar rund sechs Milliarden Euro mehr als dieses Jahr ausgegeben werden, doch im Haushalt ist dieses Plus bereits komplett für die Rentenversicherung eingeplant, mit anderen Worten: um diese Steigerung kommt das Finanzministerium einfach nicht herum. Nimmt man dies also heraus, steht die gleiche Geldmenge wie schon dieses Jahr zur Verfügung, nur ist diese Geldmenge durch die gestiegenen Lebenshaltungskosten jetzt einiges weniger wert. Im Klartext bedeutet das zum Beispiel schon jetzt Kürzungen für Langzeitarbeitslose.

Auch das Familienministerium hat nun deutlich weniger Mittel zur Verfügung: Das eh schon viel zu geringe Elterngeld wird noch weiter beschnitten und die “Kindergrundsicherung”, die ab 2025 kommen soll, wird an der Lage auch nicht viel ändern.

Gerade Schüler:innen und Studierende werden besonders hart getroffen: Kürzungen bei BAföG und Schüler-BAföG um insgesamt circa 600 Millionen Euro werden die Perspektivlosigkeit der Jugend wohl noch weiter verschärfen – davon profitiert die Bundeswehr natürlich enorm.

Am stärksten unter den Kürzungen werden wohl der Gesundheitssektor und insbesondere die Kranken- und Altenpflege leiden: Nur noch 16,2 Milliarden Euro, also rund ein Drittel weniger als noch im Vorjahr, stehen dem Gesundheitsministerium zur Verfügung. Davon sind wohlgemerkt bereits 14,5 Milliarden als Zuschuss für die Krankenversicherungen gebunden. Da passen die Krankenhaus- und Pflegereform natürlich gut ins Bild.

Im Bereich Verkehr gibt es zwar eine Erhöhung des Haushalts um drei Milliarden Euro, doch das reicht bei weitem nicht, um das marode Schienensystem der Deutschen Bahn zu sanieren. Statt den ursprünglich geforderten 45 Milliarden, gibt es für diese nämlich nur noch 34 Milliarden Euro. Auch für den Ausbau von Radwegen fehlt es der Regierung scheinbar an Geld.

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Kommunistische Arbeiterzeitung KAZ 384 – Krieg oder Frieden

Die Nummer 384 der Kommunistischen Arbeiterzeitung (KAZ) hat den Schwerpunkt „Krieg oder Frieden“ und ist im Juli 2023 erschienen. Online findet Ihr die Ausgabe unter: http://www.kaz-online.de/ausgaben/384 Wer sie gedruckt beziehen möchte, hier der e-Mail Kontakt: kaz@kaz-online.de

Editorial

Den Krieg in der Ukraine nutzend, reißt der deutsche Imperialismus Schritt für Schritt noch bestehende Hürden, Folgen seiner unglaublichen Verbrechen, nieder. Nach Lieferung schwerer Panzer, darauf folgender Bekanntgabe der Waffenschmiede Rheinmetall, diese nun gleich in der Ukraine produzieren zu wollen, verkündet Kriegsminister Pistorius Ende Juni, eine Brigade mit 4.000 Soldaten fest in Litauen stationieren zu wollen. Ein deutscher ausländischer Militärstützpunkt an den Grenzen Russlands. Welch günstiger Ausgangspunkt für die Kontrolle der Ostsee und für weitere Expansionsbestrebungen gen Osten. Und nach dem Bruch mündlicher Zusagen bezüglich der Osterweiterung der Nato, nun auch Bruch der in der Nato-Russland-Grundakte (1997) schriftlich festgehaltenen Absichtserklärungen, in den neuen Nato-Mitgliedsstaaten keine dauerhaften Nato-Truppen zu stationieren. Eskalation ist angesagt, sie nützt dem deutschen Imperialismus für die Aufholjagd gegenüber seinem militärisch stärksten imperialistischen Konkurrenten.

Es ist also höchste Zeit, den Kampf gegen Militarismus und Kriegsvorbereitungen aufzunehmen. Doch die Gewerkschaftsführungen, allen voran die IG-Metall, erweisen sich als treue Knechte. „Die Russen kommen – weiß der IGM-Vorstand“, so der Artikel zum kommenden Gewerkschaftstag der IGM im Herbst. Statt die Kräfte gegen Krieg und Kriegsvorbereitung zu sammeln, statt die Waffe zu schärfen, die nur die Arbeiterklasse hat, den Streik, sollen friedenspolitische Positionen der Gewerkschaft geschliffen werden.

Das Mantra vom „völkerrechtswidrigem Angriffskrieg Russlands“, seit dem 24.2.2022 täglich, ja stündlich in alle Hirne gebläut, soll alles rechtfertigen. Doch was verbirgt sich hinter dem „völkerrechtswidrig“? Eine unumstößliche Wahrheit? Interessen, (veränderbare) Machtverhältnisse? Diesen Fragen geht der Artikel „Völkerrecht – Recht der Völker?“ nach.

Mit den Artikeln „1923 2. Akt“, „Regierung(en) Stresemann und das Ende der Ruhrbesatzung“ und „Reaktionäre gegen die Republik“ setzen wir die Serie zu den Ereignissen vor 100 Jahren fort. Wir sehen, wie sich die faschistische Reaktion in schärfsten Kämpfen untereinander formiert; wie sie halbherzig von den bürgerlich demokratischen Regierungen zurückgedrängt – noch wird sie nicht gebraucht -, aber nicht zerschlagen wird. Wir erfahren vor allem, wie die Einheitsfront trotz aller Störmanöver der rechten Sozialdemokratie in den Kämpfen der Arbeiter gegen Elend und Reaktion Wirklichkeit wird, bis hin zur Bildung der Arbeiterregierungen in Sachsen und Thüringen. Aber auch, wie schnell die erreichten Etappensiege verloren gehen, wenn sie nicht genutzt werden, um die Revolution weiter voran zu treiben.

KAZ-Fraktion „Für Dialektik in Organisationsfragen“

Sagt Nein! Gewerkschafter:innen gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden

Angesichts des anstehenden ver.di-Bundeskongresses, bei dem u.a. ein Leitantrag mit sehr problematischen Passagen zur Frage von Krieg und Aufrüstung verabschiedet werden soll, hat sich die Initiative „Sagt Nein! Gewerkschafter:innen gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden“ gebildet. Sie formulierte die Petition „SAGT NEIN! zum Leitantrag für den ver.di-Bundeskongress“. Die Petition, die wir im Folgenden dokumentieren, kann hier unterzeichnet werden.

AN ALLE GEWERKSCHAFTSMITGLIEDER
insbesondere aber an die Delegierten des ver.di-Bundeskongresses 
SAGT NEIN!


Nachdem der DGB-Bundeskongress 2022 auf Betreiben des DGB-Bundesvorstandes und unter Bruch unserer Satzungen und Beschlüsse das „Ja! zu Waffenlieferungen beschlossen hat, soll dies jetzt auf Initiative des ver.di-Vorstandesunterstützt durch den Gewerkschaftsrat auch auf dem ver.di-Bundeskongress nachvollzogen werden: Ja! zu einer Kriegslogik, die unter dem Deckmantel eines sogenannten „umfassenden Sicherheitsbegriffs“ ausdrücklich „militärische Sicherheit“, indirekt  „Auf- und Hochrüstung“  und Kriegseinsätze auch deutscher Soldat:innen befürwortet – „was zur Erfüllung ihrer Aufgaben in der Landes- und Bündnisverteidigung erforderlich ist“ und  das alles unter der den wahren Kern verschleiernden Überschrift: „Perspektiven für Frieden, Sicherheit und Abrüstung in einer Welt im Umbruch“.  (Alle in Anführung gesetzten kursiven Passagen sind Originaltext des Leitantrages )

Mit vielen Worten und dem Appell an die „besondere Verantwortung“ der Regierenden garniert, sollen die DelegiertEn die Hand heben für den Schulterschluss der Gewerkschaften mit der deutschen Regierung, insbesondere für die militärische Unterstützung der Ukraine. Heute sind dies Waffenlieferungen bis hin zu weltweit geächteten Streubomben, morgen können das schon Soldat:innen sein! Das 100 Milliarden-Hochrüstungsprogramm wird nur teilweise abgelehnt, weil es „ausschließlich für die Bundeswehr“ ist; weil dieselbe Regierung nach wie vor unbeirrt und ungeniert mit demselben neoliberalen Austrocknungsprogramm der Öffentlichen Daseinsvorsorge fortfährt, so wie alle ihre Vorgängerregierungen; die „Auf- und Hochrüstung der Bundeswehr und NATO“ soll lediglich „nicht grenzenlos“ sein. 

Das ist der finale Kniefall vor militaristischer Logik und das genaue Gegenteil von unserer elementaren gewerkschaftlichen Grundüberzeugung: Uns eint die Ablehnung eines Denkens in militärischen Kategorien. Diese wird in das Gegenteil verkehrt durch die Einfügung eines kleinen Wortes:„Uns eint die Ablehnung eines Denkens in rein militärischen Kategorien.

Wir, Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter von ver.di, IG Metall und anderen DGB-Einzelgewerkschaften, wenden uns an die DelegiertEn des ver.di-Bundeskongresses:

SAGT NEIN! 
Hebt Eure Hand nicht für einen erneuten Schulterschluss der Gewerkschaften mit dem deutschen Kriegskurs!

Wir haben nicht vergessen, was 1914 geschah: Die Gewerkschaftsführungen in ganz Europa schickten unter Bruch aller vorherigen Beschlüsse ihre Mitglieder in den Krieg – angeblich `gegen den russischen Despoten-Zaren`tatsächlich aber für den Profit von Krupp, Thyssen und Co. Konsequenterweise wurde in `Wahrnehmung der nationalen Verantwortung für Volk und Vaterland` der sogenannte `Burgfrieden` erklärt, und jede Klassen- und Arbeitskampfauseinandersetzung eingestellt, die Streikunterstützung ausgesetzt.

SAGT NEIN!
zum Leitantrag für den ver.di-Bundeskongress

  • der mit seinem `Ja! zu Waffenlieferungengegen unsere Satzung verstößt, die uns in § 4, Ziff 3, lit. i dazu verpflichtet „militaristische Tendenzen )zu( bekämpfen“, und alle unsere bisherigen klaren und deutlichen Beschlusslagen gegen Waffenlieferungen missachtet.
  • der mit seinem `Ja! zu Auf- Und Hochrüstung` gegen unsere Grundsatzerklärung verstößt und damit unsere tausendmal bekräftigte Haltung für `allgemeine Abrüstung` und das `Recht aller Menschen auf Schutz vor Verfolgung, Folter und Krieg` zum `Geschwätz von gestern` macht.
  • der so tut, als sei mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine erstmals seit 1945 wieder Krieg in Europa, und damit den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien 1999 `übersieht`, die unter deutscher Beteiligung 78 Tage lang Tag und Nacht bombardiert wurde.

Wer dies alles `vergisst` macht sich zum Teil der deutschen Kriegspartei. Wer meint, es gehe bei den aktuellen Kriegen weltweit um `Freiheit` oder `Diktatur`, `Aggression` oder `Selbstverteidigung` oder gar um `Völker- und Menschenrecht`, ist der beiderseitigen Kriegspropaganda bereits auf den Leim gegangen. Um all das ging es in der Geschichte noch nie und geht es eben gerade nicht.

Darum lasst uns an den Beschlüssen der vergangenen Jahre festhalten.
Keine Waffenlieferungen! Keinerlei Aufrüstung! …
sondern Abrüstung – SOFORT! 
Unsere Haltung ist und bleibt antimilitaristisch und international.

Für uns kann es als Lehre aus der eigenen Geschichte nur einen Beschluss geben:

  • Unsere Zukunft ist nicht an der Seite der deutschen Regierung oder irgend einer anderen Kriegspartei.
  • Unsere Zukunft ist an der Seite der Arbeiterinnen und Arbeiter, die in Italien und Griechenland gegen Waffenlieferungen kämpfen, und an der Seite der Kolleg:innen in Frankreich, Großbritannien und weltweit, die immer wieder gegen den Krieg und die Abwälzung der Krisen- und Kriegskosten auf uns Alle streiken.
  • Unsere Solidarität gehört den Arbeiter:innen, Kriegsdienstverweiger:innen, Deserteur:innen und den Flüchtlingen aus und in der Ukraine, Russland, Belarus und weltweit!

Offener Bruch mit dem «sozialen Frieden» der Herrschenden:
WIR ZAHLEN NICHT FÜR EURE KRIEGE!
WAFFEN RUNTER – LÖHNE RAUF!

Dafür lasst uns gemeinsam und organisiert kämpfen!

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