Angesichts des 80. Jahrestages des Beginns des II. imperialistischen Weltkrieges in Europa (1939-1945) und dem diesjährigen Anti-Kriegstag am 1. September werden viele (anti-kommunistische) Hetzartikel, TV-Filme und „Dokumentationen“ gezeigt werden. Gegen dieses Gift der imperialistische Propaganda hilft die Einschätzung der internationalen Lage, der Bündnisbildung innerhalb der Imperialisten und den Beginn des II. Weltkrieges in Europa im September 1939 durch zwei Schriften des Vorsitzenden Mao Tsetung, die im nachfolgenden abgedruckt sind:
- Mao Tsetung: Gespräch mit einem Korrespondenten der Zeitung Hsinhua Jibao über die internationale Lage (1. September 1939)
- Mao Tsetung: Die Interessen der Sowjetunion fallen mit den Interessen der gesamten Menschheit zusammen (28. September 1939)
Mao Tse-tung:
GESPRÄCH MIT EINEM KORRESPONDENTEN DER ZEITUNG HSINHUA JIBAO ÜBER DIE NEUE INTERNATIONALE LAGE
(1. September 1939)
Frage des Korrespondenten: Welche Bedeutung hat die Unterzeichnung des Nichtangriffspaktes zwischen der Sowjetunion und Deutschland (1)?
Antwort Mao Tse-tungs: Der sowjetisch-deutsche Nichtangriffspakt ist das Ergebnis der wachsenden Stärke des Sozialismus in der Sowjetunion und der konsequenten Durchführung der Friedenspolitik der Sowjetregierung. Dieser Vertrag durchkreuzte die Intrigen, die von der internationalen reaktionären Bourgeoisie durch Chamberlain und Daladier angezettelt wurden und darauf gerichtet waren, einen Krieg zwischen der Sowjetunion und Deutschland zu provozieren. Er sprengte die Einkreisung der Sowjetunion durch den deutsch-italienisch-japanischen antikommunistischen Block, festigte den Frieden zwischen der Sowjetunion und Deutschland und wurde zur Garantie für die Entwicklung des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion. Im Osten versetzte dieser Vertrag Japan einen Schlag und erwies China eine Hilfe; er stärkte die Position der chinesischen Widerstandskräfte und war ein Schlag gegen die chinesischen Kapitulanten. Das alles schafft eine Grundlage, um den Völkern der ganzen Welt in ihrem Kampf für Befreiung und Freiheit zu helfen. Darin liegt die ganze politische Bedeutung des sowjetisch-deutschen Nichtangriffspaktes.
Frage: Die Menschen haben noch nicht begriffen, daß der Abschluß des sowjetisch-deutschen Nichtangriffspaktes das Ergebnis des Scheiterns der Verhandlungen zwischen England, Frankreich und der Sowjetunion war. Sie nehmen vielmehr an, daß diese Verhandlungen durch die Unterzeichnung des sowjetisch-deutschen Vertrags gesprengt worden wären. Erklären Sie bitte, warum die englisch-französischsowjetischen Verhandlungen erfolglos waren.
Antwort: Die englisch-französisch-sowjetischen Verhandlungen hatten ausschließlich deshalb keinen Erfolg, weil die Regierungen Englands und Frankreichs nicht aufrichtig waren. In den letzten Jahren hat die internationale reaktionäre Bourgeoisie – und vor allem die reaktionäre Bourgeoisie Englands und Frankreichs – gegenüber der Aggression der deutschen, italienischen und japanischen Faschisten stets eine reaktionäre Politik betrieben, und zwar die Politik der „Nichteinmischung“. Sie verfolgten diese Politik mit dem Ziel, aggressive Kriege zu dulden und aus diesen Kriegen Vorteile für sich herauszuschlagen. Deshalb lehnten England und Frankreich die wiederholten Vorschläge der Sowjetunion, eine wirkliche Kampffront gegen die Aggression zu organisieren, kategorisch ab, stellten sich auf einen Standpunkt der „Nichteinmischung“ und duldeten die Aggression Deutschlands, Italiens und Japans, wobei sie selbst als Beobachter abseits standen. Sie verfolgten das Ziel, die beiden kriegführenden Seiten sich gegenseitig erschöpfen zu lassen, um dann auf den Schauplatz zu treten und sich einzumischen. Im Zuge der Durchführung dieser reaktionären Politik wurde halb China Japan geopfert, während ganz Abessinien, ganz Spanien, ganz Österreich und die ganze Tschechoslowakei Deutschland und Italien zum Opfer gebracht wurden. (2) Diesmal wollten England und Frankreich die Sowjetunion opfern. Diese Intrigen offenbarten sich schon ganz deutlich während der jüngsten englischfranzösisch-sowjetischen Verhandlungen. Bei diesen Verhandlungen, die über vier Monate – vom 15. April bis zum 23. August – dauerten, legte die sowjetische Seite größte Geduld an den Tag. England und Frankreich dagegen weigerten sich von Anfang bis Ende, das Prinzip der Gleichheit und der Gegenseitigkeit anzuerkennen. Sie forderten, daß ihre Sicherheit von der Sowjetunion garantiert werde, waren aber selbst nicht bereit, die Sicherheit der Sowjetunion zu garantieren, waren nicht bereit, die Sicherheit der kleinen baltischen Länder zu garantieren, weil sie hier eine Lücke für den Vormarsch deutscher Truppen freilassen wollten; außerdem weigerten sie sich, den sowjetischen Truppen den Durchmarsch durch Polen zu erlauben, damit diese nicht gegen die Aggressoren kämpfen konnten. Das ist die Ursache für das Scheitern der Verhandlungen. Inzwischen erklärte sich Deutschland bereit, den Kampf gegen die Sowjetunion einzustellen und auf den sogenannten Antikominternpakt3 zu verzichten, und erkannte die Unantastbarkeit der sowjetischen Grenzen an; daraufhin wurde der sowjetisch-deutsche Nichtangriffspakt abgeschlossen. Die Politik der „Nichteinmischung“, wie sie von der internationalen und vor allem von der englisch-französischen Reaktion betrieben wurde, ist die Politik, „auf dem Berg sitzend dem Kampf der Tiger zuzuschauen“, es ist die reinste imperialistische Politik des eigenen Vorteils auf fremde Kosten. Diese Politik wurde mit dem Amtsantritt Chamberlains eingeleitet, erreichte ihren Höhepunkt mit dem Abschluß des Münchener Abkommens im September vorigen Jahres und erlitt schließlich ein völliges Fiasko während der jüngsten englisch-französisch-sowjetischen Verhandlungen. Künftig wird es unweigerlich zum unmittelbaren Konflikt zwischen den beiden großen imperialistischen Blocks – dem englisch-französischen und dem deutsch-italienischen Block – kommen. Auf dem 6. Plenum des auf dem VI. Parteitag gewählten Zentralkomitees der KP Chinas im Oktober 1938 sagte ich: „Der Stein, den sie erhoben haben, fällt auf ihre eigenen Füße – das wird das unvermeidiche Ergebnis der Chamberlainschen Politik sein.“ Chamberlain begann mit der Absicht, anderen zu schaden, und endete mit dem Ergebnis, daß er sich selbst geschadet hat. Das wird die Gesetzmäßigkeit der Entwicklung einer jeden reaktionären Politik sein.
Frage: Wie wird sich Ihrer Meinung nach die gegenwärtige Lage entwickeln?
Antwort: Die internationale Lage befindet sich augenblicklich bereits in einem neuen Stadium. Der seit langem begonnene zweite imperialistische Krieg – der einen einseitigen Charakter trägt, da infolge der „Nichteinmischungs“politik die eine Seite angreift und die andere tatenlos zuschaut – wird nunmehr in Europa zwangsläufig zu einem allgemeinen Krieg. Der zweite imperialistische Krieg tritt bereits in eine neue Phase.
In Europa steht ein großer imperialistischer Krieg zwischen dem deutsch-italienischen und dem englisch-französischen imperialistischen Block um die Herrschaft über die Kolonialvölker unmittelbar bevor. Um die Völker zu betrügen, um die öffentliche Meinung für sich zu mobilisieren, wird jede der beiden kriegführenden Seiten im Verlauf dieses Krieges mit aller Unverschämtheit behaupten, sie führe einen gerechten, der Gegner aber einen ungerechten Krieg. In Wirklichkeit ist das reinster Betrug, denn die Ziele der beiden Seiten sind imperialistische, beide Seiten kämpfen um die Herrschaft über Kolonien, Halbkolonien und Einflußsphären, und der Krieg wird auf beiden Seiten ein Raubkrieg sein. So geht der Kampf im gegebenen Augenblick um Polen, um die Balkanhalbinsel und um die Mittelmeerküste. Ein solcher Krieg ist durchaus nicht gerecht. In der Welt sind nur Befreiungskriege, die also keinen räuberischen Charakter tragen, gerechte Kriege. Die Kommunisten werden niemals Raubkriege unterstützen. Die Kommunisten werden mutig hervortreten und alle gerechten Kriege, die eben keine Raubkriege, sondern Befreiungskriege sind, unterstützen und an der vordersten Front des Kampfes stehen. Innerhalb der sozialdemokratischen Parteien, die der II. Internationale angehören, geht infolge der Drohungen und Verlockungen Chamberlains und Daladiers eine Spaltung vor sich. Der eine Teil – die reaktionäre Oberschicht dieser Parteien – geht denselben Weg wie zur Zeit des ersten Weltkriegs und bereitet sich darauf vor, den neuen imperialistischen Krieg zu unterstützen. Der andere Teil wird aber gemeinsam mit den Kommunisten eine Volksfront gegen Krieg und Faschismus schaffen. Chamberlain und Daladier ahmen Deutschland und Italien nach, gleiten dabei immer mehr auf den reaktionären Weg ab und benutzen die Kriegsmobilisierung, um die Struktur ihrer Staaten zu faschisieren und ihre Wirtschaft auf den Krieg umzustellen. Kurzum, die beiden großen imperialistischen Blocks rüsten fieberhaft zum Krieg, und die Gefahr eines großen blutigen Gemetzels schwebt über den Köpfen von Millionen Menschen. Das wird zweifellos eine Widerstandsbewegung unter den breiten Volksmassen auslösen. Ob in Deutschland und Italien oder in England und Frankreich, ob in Europa oder in den anderen Erdteilen, die Völker werden, wenn sie nicht zum Kanonenfutter für die Imperialisten werden wollen, sich unbedingt erheben und in den verschiedensten Formen den Kampf gegen den imperialistischen Krieg führen.
Außer den beiden genannten großen Blocks gibt es in der kapitalistischen Welt auch noch einen dritten Block – das ist der Block, der von den USA geführt wird und dem eine ganze Reihe von Staaten Mittel- und Südamerikas angehören. Dieser Block wird sich, von seinen eigenen Interessen ausgehend, vorläufig noch nicht in den Krieg einmischen. Der USA-Imperialismus hat die Absicht, durch Neutralität getarnt, vorläufig noch auf keiner Seite in den Krieg einzugreifen, um späterhin auf den Schauplatz zu treten und die führende Stellung in der kapitalistischen Welt zu erringen. Die Bourgeoisie der USA hat vorläufig noch nicht die Absicht, im eigenen Land die Demokratie und das normale Wirtschaftsleben aufzulösen, und das ist günstig für die Friedensbewegung in der Welt.
Der sowjetisch-deutsche Vertrag hat dem japanischen Imperialismus einen schweren Schlag versetzt, und ihm stehen in der Zukunft noch größere Schwierigkeiten bevor. In der Außenpolitik ist jetzt in Japan der Kampf zwischen zwei Gruppen im Gange. Die Militärmachthaber möchten ein Bündnis mit Deutschland und Italien schließen, um die ungeteilte Herrschaft über China zu erringen, ihre Aggression in Südostasien durchzuführen und England, die USA und Frankreich aus dem Osten zu verdrängen. Ein Teil der Bourgeoisie jedoch zieht es vor, England, den USA und Frankreich Zugeständnisse zu machen, um sich ganz auf die Ausplünderung Chinas zu konzentrieren. Sehr stark sind heute in Japan Tendenzen zu einem Kompromiß mit England. Die englische Reaktion will, daß Japan unter der Bedingung einer gemeinsamen Aufteilung Chinas und im Austausch gegen finanzielle und wirtschaftliche Hilfe zum Kettenhund der englischen Interessen im Osten wird, daß es die nationale Befreiungsbewegung in China unterdrückt und die Sowjetunion bindet. Somit wird Japan auf sein Hauptziel, China zu unterjochen, unter keinen Umständen verzichten. Die Möglichkeit eines breitangelegten militärischen Frontalangriffs Japans gegen China mag vielleicht nicht sehr groß sein, aber Japan wird verstärkt seine politische Offensive führen, um „Chinesen durch Chinesen zu unterdrücken“ (4), und es wird seine wirtschaftliche Aggression mit aller Macht betreiben, um den „Krieg durch den Krieg zu ernähren“ (5). In den besetzten Gebieten aber wird es die wütenden „Säuberungsoperationen“ (6) fortsetzen; überdies wird Japan versuchen, China durch England zur Kapitulation zu zwingen. In einem bestimmten, für Japan günstigen Augenblick wird es ein „östliches München“ vorschlagen. Mit gewissen relativ großen Zugeständnissen als Köder wird es China durch Verlockungen und Drohungen einen Kapitulationsvertrag aufzwingen, um auf diese Weise die Unterjochung Chinas zu erreichen. Welche Kabinette auch von den herrschenden Klassen Japans an die Macht gebracht werden sollten – dieses imperialistische Ziel wird so lange unverändert bleiben, bis die Revolution des japanischen Volkes ausbricht.
Neben der kapitalistischen Welt gibt es noch eine andere, eine lichte Welt; das ist die sozialistische Sowjetunion. Der sowjetisch-deutsche Vertrag gibt der Sowjetunion größere Möglichkeiten, der Friedensbewegung in der Welt Hilfe zu leisten und Chinas Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression zu unterstützen.
Das ist meine Einschätzung der internationalen Lage.
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